Mittwoch, 17. Februar 2021
Yamato Nadeshiko -28-
„Hm,“ resümiere ich das Gehörte. „solchen Herren zu dienen wäre mir eine Freude. Ich könnte mich vertrauensvoll fallen und führen lassen!“

Ich fühle Bestätigung, Bewunderung und Respekt. Ich freue mich, diese Gruppe gefunden zu haben und fühle mich ihnen mehr und mehr zugehörig.

In der Folgezeit lerne ich Kochen, Nähen, Waschen, Putzen und so weiter. Auch lerne ich, wie man am Tisch ehrerbietig, geschickt, unaufdringlich und meist auch leise serviert, wie man sich bewegt und läuft, anmutig kniet und aufsteht und selbst solch kleinen, interessanten Dinge wie ein heruntergefallenes Ding besser durch Niederkauern als durch Bücken aufzuheben. Ich lerne anmutig und schön zu sein. Außerdem natürlich, was mein Platz ist und wie die richtigen Beziehungen zu Männern aussehen. Ein bedeutender Teil erstreckte sich auch auf Make-up, Körperschmuck, Kosmetik und Parfüms bis zu psychologischen und physischen Techniken, normalerweise eine Kombination von beiden, zur Freude der Männer.

Danach, inzwischen sind Monate ins Land gegangen, unterrichtet Ruri-chan mich im Tanz. Damit ist jetzt kein Tango oder Foxtrott gemeint! Wir tanzen allein oder als Gruppe vor zuschauenden Herren. Ich habe mir interessehalber im Internet die Begriffserklärung der Geisha durchgelesen. Sie eine Prostituierte zu nennen, ist sehr platt ausgedrückt. Sie ist eine Begleiterin, Gesellschafterin und Tänzerin. Sie widmet sich dem Wohlbefinden des Mannes.

Seit Beginn der Unterweisungen unterrichtet mich Ruri-chan auch in Ju-Jutsu. Das ist eine leicht zu erlernende Selbstverteidigungstechnik. Sie sagt, neben Hausfrau und Geisha hätte die Meido -Magd- auch etwas von einem Samurai. So kann ich mich im Bedarfsfall auch selbst wehren.

Als mich einmal Ruri-chans Herr lobt: „Dein Unterricht läuft gut, Enie! Und du bist im Unterricht viel schöner geworden.“ senke ich dankbar und geschmeichelt meinen Kopf. Ich bin erfreut, dass der Mann zufrieden ist. Dann kann ich sicher davon ausgehen, dass der Cousin des Tavernenwirts, der Dachdecker, auch zufrieden sein wird.

Einige Wochen danach äußert sich Herr Schmidt mir gegenüber:

„Ich habe eine Neuigkeit für dich, Enie! Du hast hier viel gelernt, aber deine Ausbildung hat erst begonnen. Dir wird draußen bald klar werden, wie wenig du weißt. Ich empfehle dir also, dich weiter anzustrengen und fleißig zu sein. Versuche weiter, deine Fertigkeiten und deinen Wert zu verbessern!“

„Das heißt, ich habe die Schule erfolgreich beendet?“ frage ich noch einmal nach.

„Ja,“ bestätigt er. „Das Weitere wird dir von Peter Loose, deinem Herrn, beigebracht.“

Mein Herz hüpft.

*

Mein Name ist Felicitas Bauer. Ich habe ein paar Pfunde zuviel auf den Hüften und schleiche seit Monaten um die Idee herum, doch Tanzstunden zu nehmen. Das würde mir sicher guttun. Vielleicht helfen Tanzstunden auch meinem leicht unterentwickelten Selbstvertrauen auf die Sprünge.

Nachdem ich wieder einmal einem versteckten Spruch auf der Arbeit im Büro eines kleinen Unternehmens ausgesetzt gewesen bin, wähle ich zuhause die Nummer eines Tanzstudios. Ich bin am Telefon fast gestorben, als ich mich nach einem Tanzkurs mit freien Plätzen erkundige und hänge mitten im Gespräch mit purpurrotem Kopf auf, bevor ich meinen Namen genannt habe. Dies ist mir in den folgenden Tagen mehrfach passiert. Mein Interesse gilt dem Bauchtanz. Genau das verursacht meine Scheu und mein Zaudern.

Glücklicherweise sind meine Gesprächspartnerinnen immer nur Frauen. Bei einem Mann hätte ich mich nie anmelden können. Es wäre mir entsetzlich peinlich gewesen. Schließlich rufe ich die erste Frau wieder an, bei der ich einige Tage vorher das Gespräch abgebrochen habe.

„Haben Sie schon einmal Bauchtanz gemacht?“ fragt sie.

„Nicht wirklich,“ gebe ich zu.

„Sie sind also Anfängerin?“ vergewissert sie sich.

„Ja,“ bestätige ich ihr.

Anscheinend scheint es bei diesem Tanz unterschiedliche Schwierigkeitsgrade zu geben. Darüber habe ich bisher nicht nachgedacht. Sie antwortet:

„Neue Lehrgänge beginnen am Dienstag, nachmittags und abends. Haben Sie Interesse?“

„Ja.“

Diese Bestätigung lässt ein warmes Gefühl in mir aufsteigen. Ich habe öffentlich mein Interesse an diesem Tanz kundgetan.

„Wie ist Ihr Name?“ fragt sie nun.

Ich gebe ihr meinen Namen und habe im Folgenden für fast drei Monate im Voraus Tanzstunden gebucht und in mehr als einem Lehrgang.

Trotzdem erzähle ich niemandem davon. Meine Kollegen sollen mich weiterhin nur als die unscheinbare Büromaus kennen. Sie müssen nicht wissen, dass manchmal, wenn wir andere Kostüme als unsere Trikots und Tücher überziehen, diese ruhige Feli barfuß, mit Fußkettchen und Armbändern, mit wirbelnden Halsketten, mit nackten Hüften und Schenkeln, mit fransenbesetztem BH und schimmerndem Rock, mit lockenden Schleiern zu einer barbarischen Musik tanzt.

Meine Tanzlehrerin scheint sich über meine Fortschritte über die Zeit zu freuen. Daher gibt sie mir oft Extratipps. Auch versucht sie immer wieder, mich für Auftritte auf Partys und in Clubs zu begeistern. So etwas ist für sie anscheinend selbstverständlich. Ich lehne allerdings jedes Mal ab.

„Aber Sie würden schön und fantastisch aussehen!“ versucht sie mich dann zu überreden.

„Nein,“ lache ich, voll Hemmungen. „Ich wäre schrecklich!“

Eine der anderen Schülerinnen hat dann meinen Part übernommen. Ich selbst würde aber niemals den Mut aufbringen, öffentlich zu tanzen. Meine Beweggründe sind andere. Ich komme mir inzwischen schlanker und gepflegter vor und vitaler als zu Kursbeginn. Außerdem bewegt der Tanz etwas in meinem Inneren, wenn ich auch nicht wirklich weiß, was es ist.

„Es würde aber helfen, wenn Sie auftreten würden,“ meint meine Lehrerin. „Tanz muss gesehen werden. Sie wissen nicht wirklich, wie Sie tanzen, bevor Sie nicht aufgetreten sind.“

„Ich fürchte mich vor einem Auftritt!“ habe ich ihr geantwortet.

„Warum?“

Ich senke meinen Kopf, statt zu antworten.

„Weil Männer dabei sind?“ fragt sie rundheraus.

Aufschauend nicke ich und bestätige schüchtern: „Ja.“

„Glauben Sie etwa, der Zweck dieser Tänze wäre, sich damit an Frauen zu richten?“ fragt sie.

„Bitte!“ protestiere ich.

„Und wäre nur ein Mann hier, ein richtiger Mann!“ fährt sie betont fort, „der Sie sehen könnte, halbnackt, mit Ihrem Schmuck und Ihren Schleiern… Er würde Sie sofort in Ketten legen und besitzen wollen!“

Erschrocken schaue ich sie an.

„Ich sehe, solche Gedanken sind Ihnen nicht fremd,“ lächelt sie.

Woher weiß sie, dass ich solche Fantasien habe? Hat sie sie etwa auch, weil sie eine Frau ist?

„Stellen Sie sich vor,“ skizziert sie, „Sie tanzen vor einem Mann, Feli. Ein Mann stünde jetzt an meiner Stelle hier. Ein Mann mit einer starken Aura. Sie stünden vor ihm. Tanzen Sie ihre Gefühle!“

Wenn ich ehrlich bin, sind Männer für mich schon immer, wenigstens seit meiner Pubertät, beunruhigender, interessanter und attraktiver, als sie für eine heutige Frau sein sollten. Sie sind für mich schon immer wichtiger als sie sein sollten. ‚Schließlich sind sie doch bloß Männer,‘ ist mir seit der Kindheit beigebracht worden. Aber sie sind eben Männer. Ich habe mich nie dazu bringen können, sie mir als neutrale Personen vorzustellen.

Für mich sind sie immer mehr als das gewesen, männlich und bedeutungsvoll, selbst die Männer, die ich kenne. Wegen ihrer Feigheit und Schwäche sind sie für mich zumindest die Verheißung von richtigen Männern. Bestimmt liegt das nicht daran, dass ich im Tanzkurs etwas Gewicht verloren und deshalb eine bessere Figur bekommen habe. Dieser Tanz lässt eine Frau die tiefgreifende, großartige Natur ihrer Sexualität erkennen.

Wenn Männer uns haben wollten, warum nehmen sie uns nicht einfach und machen uns zu ihrem Eigentum? Wenn es unterschiedliche Arten von Männern gibt, frage ich mich, ob es denn welche gibt, die uns wirklich besitzen wollen. Sicher nicht. Heutige Männer machen mit Frauen doch nie das, was sie wirklich wollen. Bestimmt nicht! Nirgends! Wenn doch, dann würdigen sie uns zu Objekten ihrer Lust herab und lassen uns danach fallen, wie eine heiße Kartoffel.

Die andere Sorte Männer existiert nicht mehr und meine immer wiederkehrende Sehnsucht nach ihnen, die ich mir manchmal eingestehe, ist vielleicht ein merkwürdiger, ererbter Charakterzug, der nicht länger in die Umgebung des Geschöpfes passt, das ich bin.

Ich will jetzt tanzen, in der Fantasie vor meinem Herrn tanzen. Oh, ich will gut tanzen! Der Herr, von dem ich träume, wäre ein richtiger Mann, ein verantwortungsbewusster, respektvoller Mann, und doch ein dominanter Mann.

*

Seit einigen Kurstagen haben wir eine Japanerin im Kurs. Sie heißt Schmidt Ruri. Die Japaner nennen immer zuerst ihren Familiennamen! Demnach ist sie wohl mit einem Deutschen verheiratet. Auf Bitte unserer Tanzlehrerin wird sie heute einen ethnischen Tanz aus ihrer Heimat vorführen. Mit einem feinen Lächeln, das ihre Mundwinkel umspielt, erklärt sie uns, dass der Tanz einer Geisha nur wirkt, wenn ein Mann zugegen ist. Deshalb wird Herr Schmidt anwesend sein, der ihr jetzt in der Umkleide hilft, sich in eine Geisha zu verwandeln.

Mein Herz schlägt schneller, aber ich beruhige mich damit, dass die beiden ja ein Paar sind. Der Mann ist nicht mehr zu haben, also ungefährlich.

Bisher hat Ruri-chan, wie wir sie nennen dürfen, in einem Gymnastik-Anzug mitgetanzt. Öfter durfte ich ihr etwas vortanzen, das sie dann wiederholt hat. Wir haben viel gelacht, ohne dass es verletzend gewirkt hat.

Jetzt kommt Ruri-chan aus der Umkleide. Sie ist weiß geschminkt, ihr schönes langes Haar ist hochgesteckt und sie trägt einen Kimono, weiße Socken und Zehensandalen. In einer Hand hat sie einen Fächer, mit dem sie ihr Gesicht zum Teil verhüllt. Nur die Augen schauen über den Fächerrand hinweg. Die andere Hand hängt auf der Seite. Darin trägt sie irgendeinen Stab. Herr Schmidt trägt einen niedrigen Beistelltisch herbei. Beide gehen in das freigemachte Areal, um das herum wir auf dem Boden sitzen.

Herr Schmidt stellt den Tisch ab und kniet sich davor. Dann setzt er sich auf seine Fersen und Ruri-chan beginnt nun mit ihrer Vorstellung. Dabei stelle ich fest, dass der Stab in der anderen Hand Ruri-chans ein zweiter Fächer ist. Unsere Tanzlehrerin lässt nun fremdländische Musik laufen und Ruri-chan beginnt, sich nun vor Herrn Schmidt zu drehen. Sie nähert sich ihm langsam und entfernt sich mit schnellen Trippelschritten wieder. Dabei verdeckt sie ihr Gesicht mal mit dem Einen, mal mit dem anderen Fächer. Es ist ein wechselseitiges Öffnen und Schließen. Oder sie hält beide Fächer seitwärts, öffnet und schließt den Blick des Zuschauers wie bei einem Vorhang. Die ganze Vorführung nimmt bestimmt zehn Minuten in Anspruch. Wir klatschen ehrlichen Beifall.

Anschließend kniet sich Ruri-chan neben Herrn Schmidt an den niedrigen Tisch. Ihre Brust hebt und senkt sich in schneller Folge. Unsere Tanzlehrerin erhebt sich nun und kommt zu mir. Sie bückt sich, fasst meine Hände und zieht mich hoch. Dazu sagt sie:

„Feli, du bist unsere Beste. Die Vorführung darf nicht unbeantwortet bleiben! Zeig‘ Herrn Schmidt was in dir steckt.“

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