Freitag, 5. Mai 2023
Der Mond leuchtet so schön -01-
Mein Name ist Tanaka Takahashi. Ich bin zu Besuch in der Kleinstadt, in der ich aufgewachsen bin. Zurzeit studiere ich in der Großstadt, zwei Stunden mit dem Zug entfernt. In den nächsten Monaten muss ich meine Diplom-Arbeit schreiben. Davor möchte ich meinen Eltern mit meinem Besuch eine Freude machen, denn mein Vater hat in einer Woche Geburtstag.

Ich erreiche die Nikuja -Fleischerei- meiner rippana Oya-San - ehrenwerten Eltern-, über der unsere Wohnung liegt, nach einem kurzen Spaziergang vom Bahnhof einen Hügel hinauf. Kaum habe ich die Tür geöffnet und eine Klingel mein Eintreten angezeigt, höre ich die rippana Okâ-san -ehrenwerte Mutter- von hinter der Fleischtheke rufen.

"Irasshaimaseeeeee -Willkommeeeeen-!"

Ich lasse die Tür hinter mir zufallen, was sie mit einem erneuten Klingelton quittiert, und mache einen weiteren Schritt in den Laden hinein.

"Konnichiwa. Tadaima -Guten Tag. Ich bin zuhause-!" sage ich lächelnd.

Inzwischen hat meine rippana Okâ-san -ehrenwerte Mutter- mich erkannt und kommt hinter der Theke hervor. Ich verbeuge mich respektvoll vor ihr und steige die Treppe hinauf, die aus dem Geschäft nach oben führt. Dort lege ich meine Tasche auf den Futon in meinem Zimmer und gehe wieder in den Laden zurück. Ich berichte ihr vom Stand meines Studiums.

In diesem Moment betritt eine junge Frau das Geschäft meiner Eltern. Ich wende mich zu ihr und wünsche ihr, wie üblich: "Irasshaimaseeeeee -Willkommeeeeen-!"

Sie geht an die Ladentheke und meine ehrenwerte Mutter bedient sie. Ich sehe einen offenen Karton auf dem Boden stehen und beginne derweil damit, die Regale mit der Ware aufzufüllen. Kurz darauf verlässt sie das Geschäft wieder.

Mein rippana Chichi -ehrenwerter Vater- kommt aus dem Verarbeitungsraum und bringt frisches Fleisch für die Theke. Er bemerkt mich und kommt zu mir. Auch er will vom Fortgang meines Studiums erfahren. Ich verbeuge mich respektvoll und erkläre ihm, dass ich kurz vor meiner Diplom-Arbeit stehe. Dann muss er auch schon wieder zurück in den Verarbeitungsraum. Den Rest des Tages helfe ich meiner ehrenwerten Mutter bei der Bedienung der Okyaku-Sama -Kunden-.

Am Abend wollen sie die Fleischerei schließen, als die junge Frau von heute Nachmittag schweratmend vor der Tür steht und unter vielen Verbeugungen mit schmerzlicher Miene herausbringt:

"Gomeiwaku okake shite moshiwakearimasen -Entschuldigen Sie die Störung-."

Ich höre, dass sie noch etwas aus den Regalen vergessen hat. Mich höflich lächelnd verbeugend, antworte ich ihr:

"Kasrikomaimashita, Okyaku-Sama -Verstanden, meine Dame-!" und beeile mich an das entsprechende Regal zu kommen.

Dort nehme ich das Produkt an mich und gehe zu der jungen Frau zurück. Mit einer weiteren Verbeugung reiche ihr mit beiden Händen an ausgestreckten Armen das Produkt, weswegen sie noch einmal zurückgekommen ist. Sie lächelt mich dankbar an und sagt:

"Arigatou gozaimasu -Vielen Dank!"

Als ich die Ladentür schließe, sehe ich sie geschwind davonradeln. Kurz darauf wird der Laden für heute geschlossen und die Beleuchtung gelöscht. Die ehrenwerte Mutter bringt einen Topf Reis nach oben, den sie in der Mikrowelle im Laden erhitzt hat. Darin können sich Kunden während des Tages auch kleine Gerichte selbst erhitzen.

Wir setzen uns in die Küche und essen bald darauf zu Abend. Ich frage rippana Okâ-San beiläufig, ob sie die junge Frau kennt. Sie nickt lächelnd und erzählt mir, dass es sich um Kobayashi Riko handelt, die Tochter des Bäckers im Ort. Ich mache ein erstauntes Gesicht, denn ich kenne sie. Sie ist noch in der Mittelschule gewesen, als ich mein Studium begonnen habe. Sie hat sich zu einem wunderschönen Hakuchou -Schwan- entwickelt!

*

Heute sollte ich für meine ehrenwerte Mutter in der Tanaka no Nikuja -Fleischerei der Familie Tanaka einkaufen. Im Laden hat wakai Tanaka-San -der junge Herr Tanaka- Waren eingeräumt. Wir sind früher auf die gleiche Schule gegangen. Er ist drei Klassen über mir gewesen. Später bin ich auf die Mädchenschule gegangen und er hat in der Stadt studiert, wie ich in Erfahrung bringen konnte. Wakai Tanaka-San -Der junge Herr Tanaka- hat mich nie herablassend, sondern immer zuvorkommend behandelt, während wir den älteren Schülern immer respektvoll begegnen.

Nun stehe ich vor einem Auslandsstudium. Meine rippana Oya-San -ehrenwerten Eltern- haben einmal einen europäischen Sprachstudenten während seines Auslandssemesters beherbergt und mir nun geraten, im Gegenzug ein Sprachstudium an einer europäischen Universität zu machen. Als Dolmetscher in der Chefetage eines großen Industriekonzerns könnte ich viel herumkommen.

Wieder zuhause angekommen, lege ich meinen Einkauf in den Kühlschrank und übe in meinem Zimmer die fremde Sprache. Ich will mich in Europa wenigstens ein wenig verständlich machen können. Deutsch ist eine schwere Sprache. Ich hoffe, dass ich später mein Germanistik-Studium erfolgreich abschließen kann. Kurz vor Geschäftsschluss ruft mich meine rippana Okâ-San -ehrenwerte Mutter- in die Küche. Sie macht mich auf ein Versäumnis aufmerksam.

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