Sonntag, 21. April 2024
Kiron, der Sucher -23
"So ist es. Ich weiß nicht, wie sie zu ihrer Philosophie gekommen sind und was die Ursache gewesen ist - und darum werde ich vorsichtig vorgehen. Aber jeder Mensch hat eine zweite Chance verdient."

"Das sehe ich auch so! Vielleicht arbeitet er sich dann näher an das Nirvana heran."

"Je nach seinem Lebenswandel. Wir verstehen uns," antworte ich lächelnd.

"Was machst du aber, wenn du in einem Dorf unterwegs angesprochen wirst? Wenn ein Junge mehr über die Regeln Buddhas erfahren will?"

"Ich möchte den Jungen keiner Gefahr aussetzen. Da wir nicht wissen, was uns im Nachbarkönigreich erwartet, wäre es gut, wenn wir uns zu zweit auf den Weg machen. Möchte ein Junge Shishy -Schüler- werden, geht mein Begleiter mit ihm hierher zurück und überlässt ihn der Obhut eines anderen Bruders hier. Anschließend kommt er wieder zu mir zurück und umgeht dabei die Dörfer, die wir bis dahin gemeinsam besucht haben. So ist er schneller wieder bei mir."

"Okay, an wen hast du denn gedacht, ehrenwerter Mahant -Klostervorsteher-?"

"Dieses Mal möchte ich Vinod bei mir haben," entscheide ich. "Du vertrittst mich in meiner Abwesenheit, Amal. Du bist der Erfahrenste."

Am folgenden Morgen mache ich mich mit Vinod nach dem Frühstück auf den Weg. Ungefähr zehn Dörfer weiter und sechs Wochen nach unserem Aufbruch werden wir wirklich wieder von einem Jungen angesprochen, der im Heimatdorf keine Zukunft für sich sieht. Wie vereinbart kümmert sich Bruder Vinod um ihn.

Wir trennen uns, nachdem wir das Dorf verlassen haben. Bruder Vinod wandert mit Navin -der Neue- flussabwärts zu unserem Ashram und gibt ihn dort in die Obhut unserer 'Brüder'. Danach wandert er wieder flussaufwärts und umgeht die Dörfer um mich einzuholen, da ich im Durchschnitt zwei Tage in jedem Dorf verweile, bevor ich weiterziehe. Etwa zwei Tagesmärsche dauert es auch meist, bis ich das nächste Dorf erreiche. Irgendwann nach etwa zwei Monden treffen wir wieder aufeinander und setzen unseren Weg wieder gemeinsam fort.

*

Schließlich haben wir das Dorf erreicht, wo damals viel mehr Reis erzeugt worden ist, als im Dorf verbraucht wird. Die Felder sind noch genauso ausgedehnt, wie damals. Ich trete also an einen der Feldarbeiter heran und frage ihn. Er antwortet mir:

"Ehrenwerter Herr, was wir nicht selbst verbrauchen können, kauft uns ein Händler ab, der es in der Stadt weiterverkauft. Was dort nicht verbraucht wird, senden die Händler im Auftrag des neuen Raaja in die Hauptstadt des Nachbarkönigreiches."

"Ah," mache ich und frage: "Euer Raaja -König- unterhält Handelsbeziehungen zum Raaja in der Nachbarschaft?"

"Ja," sagt er, und ergänzt: "Ich freue mich, dass die beiden Könige untereinander friedliche Beziehungen aufgenommen haben. Man munkelt, dass der frühere König und seine Familie beim letzten Krieg getötet wurden. Auch die schwarzen Saadhu -Mönche-, die im Mandir Shahar -Stadttempel- lebten, sind geflohen, um dem Tod zu entgehen."

"Kuna -Gut-," antworte ich erfreut.

"Kennst du Buddhas Geschichte und seine Lebensregeln?" frage ich ihn gleich darauf.

Er schaut mich misstrauisch an und meint:
"Ich kenne nur die Lehre, die die schwarzen Saadhu verbreitet haben. Diese erschien mir so extrem radikal, dass ich in meinem Herzen Hindu geblieben bin."

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