Sonntag, 10. Juli 2022
Aibou - Die Zofe -09
"Aus Frauensicht ist es ein Appell an die Männer, weniger dumme Machos zu sein, sondern ihre angestammte Rolle wahrzunehmen, vor allem aber, sie ernst zu nehmen!" meine ich.

"Aber wo findet man solch eine seltene Spezies Männer, Momoi-chan?"

"Überall im Alltag, Herrin!" bin ich überzeugt. "Nehmen Sie ihr Studium des Unternehmens-Managements in Angriff! Nehmen Sie die männlichen Mitstudenten nicht zu ernst. Prüfen Sie sie! Lassen Sie Kandidaten, die durchfallen, wie eine überreife Frucht fallen und warten Sie auf den nächsten Kandidaten zum Prüfen."

"Wie soll ich den Prinzen aus all den Machos herausfiltern?" fragt sie nun.

Sie hat sich zu mir gedreht und stützt sich auf einen Ellbogen auf.

"Es sollte jemand sein, der Sie respekt- und ehrenvoll behandelt. Er darf Sie nicht, wie in dem Theaterstück gut herausgestellt wurde, objektifizieren! Sie dürfen sich nicht zum Gegenstand der Lusterfüllung herabgewürdigt fühlen, den man nach Belieben benutzt und dann abserviert."

"Aber mein Mitschüler ist damals ja gar nicht so weit gegangen..."

"Der hatte dann Angst vor der Verantwortung, die in Zukunft auf ihn zukäme, wenn er sich mit Ihnen anfreundet. Das ist eine der Untugenden aus dem alten Kodex der Samurai. Solche Leute disqualifizieren sich selbst, Herrin!"

"Männer können sich aber auch einschmeicheln und wenn ich mich verliebt habe, mich fallen lassen..."

"Wenn Sie 'verliebt sein' nicht mit 'Sex haben' gleichsetzen, sondern den Mann darin vertrösten, bis Sie in die entsprechende Position im Unternehmen ihres ehrenwerten Otou-San -Vaters- gelangt sind und heiraten werden, teilt sich alsbald der Spreu vom Weizen.
Wer behauptet, Frauen hätten sich allein aufgrund ihres Geschlechts den Männern unterzuordnen, ist nichts weiter als ein dummer Macho. Würde man eine beliebige Gruppe von Männern unter Wahrheitsdrogen setzen und sie fragen, ob es ihnen gefallen würde, eine gehorsame, dienende Frau zu haben, dann wären die Antworten weitaus überwiegend wohl sehr ähnlich. Wenn Sie sich diese Männer dann näher betrachten, gibt es nur eine Konsequenz:
Ganz schnell, ganz weit weglaufen! Warum? Weil die Verantwortung, die einem Mann bei einer Yamato Nadeshiko zuwächst, etwas ist, was nur eine winzige Minderheit von Männern bewältigen kann.
Diese winzige Minderheit müssen Sie gezielt suchen! Dabei hilft Ihnen die Kenntnis der Tugenden der Samurai, verehrte Herrin. Sie können die Richtschnur sein, nach der sich ein Mann beweisen muss, der Ihrer würdig ist."

"Du meinst...?" fragt sie nachdenklich.

"Demo hai -Aber ja-!? bin ich überzeugt. "Entweder trifft die Frau auf einen ganz und gar verhaltensgestörten, total unsicheren, ungewaschenen und stinkenden Widerling - dann heißt es, schnell weglaufen - oder sie trifft irgendwann auf den Märchenprinzen mit angenehmen Manieren. Davon bin ich überzeugt!"

"Also lag das damals nicht an mir?"

Ich wedele mit der erhobenen Hand.

"Zettai ni arimasen -ganz sicher nicht-, Herrin!"

"Weißt du, es ist wunderbar, mit dir solch tiefgreifende Gespräche zu führen, Momoi-chan. Versprichst du mir, dass du mich niemals betrügst?"

"Yakusoku shimasu -Ich verspreche es-!"

*

Wir verbringen noch wunderbare zwei Wochen auf der Bunrei no Shima bei meiner lieben Schwester Moe-chan und meinem Schwager Tanaka-San. Ich spreche das Thema auch mit meiner älteren Schwester durch und frage nach der Bedeutung des Rituals beim Austeilen des Essens.

Sie erklärt, dass die Nadeshiko dem Herrn, der diese Bezeichnung wirklich verdient, gerne dient und sich um sein Wohl sorgt. Gleichzeitig kümmert sich ein verantwortungsbewusster Herr um das Wohl seiner Nadeshiko. Das äußert sich für Außenstehende am deutlichsten darin, dass sie ihn bedient, er aber sie sich selbst vorzieht. Er kommt erst nach ihr dran, in seinem Weltverständnis.

*

Wieder holen uns der ältere Herr und die Ushiro kara yuga -'Gnädige von hinten' (Herrin)- mit der großen Yacht ab und erreichen erst am darauffolgenden Tag Maizuru.

Die junge Herrin tritt viel selbstbewusster auf. Das Haus Amatsuka freut sich, dass sie ihre Depression überwunden hat. Sie schreibt sich zum Beginn des nächsten Semesters an der renommierten Women?s University in Kyoto ein. Dazu beziehen wir dann ein Zwei-Zimmer-Appartement in der alten Kaiserstadt in der Nähe der Universität und ich schlafe wieder wie gewohnt im dortigen Wandschrank, in unmittelbarer Nähe der Herrin.

Ein Jahr vor Ende des Studiums bringt sie einen Mann im Alter von Tanaka-San herein, der sie nachhause begleitet hat. Er hat wirklich vorzügliche Umgangsformen! Sie bietet ihm an, noch zum Tee zu bleiben. Ich bereite in der Küche eine Kanne Tee zu und bringe den Tee mit einer Schale süßem Gebäck an den Tisch. Der Mann bleibt eine Stunde, in der sich die Gespräche um ihrer beiden Studieninhalte drehen.

Zum Abschied neigt er leicht seinen Kopf und sagt danach zu der jungen Herrin:
"Mata aimasho? -Werden wir uns wiedersehen-?"

Sie antwortet ihm mit einer Verbeugung und sagt:
"Kyo wa jinsei de ichiban tanoshikatta -Heute hatte ich den schönsten Tag meines Lebens-."

Dann meint er höflich:
"O-jama shimashita -Ich habe gestört-."

Anschließend verlässt er uns.

Kaum ist er draußen, kommt die Herrin zu mir und fragt mich:

"Was hältst du von ihm?"

Ich schaue sie an und entgegne ihr:
"Leider kann ich das aus der kurzen Begegnung nicht ableiten, Herrin. Sie wissen, dass eine Prüfung umfangreich sein muss und Zeit braucht, damit es keine Eintagsfliege wird."

"Ja, leider," antwortet sie mir.

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