Donnerstag, 1. Juni 2023
Der Mond leuchtet so schön -10-
Draußen vor dem Torii erwartet uns der bestellte Hochzeitsfotograf für eine umfangreiche Fotosession. Die Bilder sind auf besonderem Fotopapier gemacht und sollen angeblich hundert Jahre halten. Zurück führt uns der Weg zu einem Restaurant, das die Eltern angemietet haben. Dort werden die Gäste zum Hochzeitsessen an die Tische gebeten, während wir uns in einem Nebenraum umkleiden. Jeder Gast hat eine entsprechend teure Eintrittskarte erstanden, statt Sachgeschenke zu machen.

Ich wechsele in einen dunklen Anzug. Riko legt den teuren Hochzeitskimono ab, um zum folgenden Hochzeitsempfang einen leichten Hikifurisode in lebhaftem Karminrot zu tragen, übersät mit vielen Mustern. Ein bezahlter Moderator führt ab jetzt durch den etwa anderthalbstündigen Hochzeitsempfang mit dem Hochzeitsessen. Alles ist minutiös durchgetaktet.

Wir treffen auf unsere ehemaligen Professoren und Kommilitonen, in meinem Fall soweit sie die weite Reise von Deutschland hierher auf sich nehmen wollten. Tanaka-Sans Chefs und Arbeitskollegen sind anwesend, sowie gute Freunde und Freundinnen. Dann folgt die Verwandtschaft beider Seiten und am Ende der Tafel sitzen die Eltern.

Zu Beginn werden unsere Väter ans Mikrofon gebeten. Sie sollen in ihrer Rede die Vorzüge ihrer Kinder herausstellen. Nun sollen wir nacheinander ans Mikrofon, um ihnen in emotional Reden für die erfahrene Unterstützung während der vergangenen Jahre zu danken. Dabei sprechen wir durchaus tränenrührige Momente an. Wir überzeugen die Hochzeitsgesellschaft, dass sie die besten Eltern sind, die man sich vorstellen kann. Unsere Professoren und Kommilitonen geben einige Anekdoten aus dem Studium preis, wie auch meine Chefs und Kollegen. Als Rikos beste Freundin ihre Rede hält, hört man viele Papiertaschentücher rascheln.

Danach gehen wir herum und verteilen unter vielen Verbeugungen Geschenke an die Gäste, um uns für die Teilnahme an unserer Hochzeit zu bedanken. Dabei handelt es sich um Süßigkeiten und Gedenkteller, hübsch und sorgfältig verpackt.

Nachdem der Empfang vorüber ist, ziehe ich mich noch einmal um. Diese häufigen Outfitwechsel nennt der Japaner o-ironaoshi -Farbwechsel-. Nun tragen wir beide bequeme Kleidung und es geht in verschiedene andere Räume des Restaurants für die After-Party -Nijikai-, die nach Altersgruppen getrennt gefeiert wird. Hier gibt es wieder Essen. Hinzu kommen Spiele, Musik, Tanz und einige Drinks - das perfekte Umfeld für die Gäste, sich näher kennenzulernen.

Nach dieser Party treffen wir uns mit unseren Eltern und engsten Freunden zum zwanglosen Ausklang, zu der After-After-Party -Sanjikai-. Erst jetzt können wir in Ruhe und in der Gesellschaft der besten Freunde essen, mit denen wir den ganzen Tag kaum ein persönliches Wort wechseln konnten.

Nun ist es schon nach Mitternacht, als wir uns zurückziehen können. Das Restaurant hat ein Gästezimmer zurecht gemacht. Dort schlafen wir schnell ein. Am nächsten Morgen frühstücken wir an einem der Tische im Restaurant. Danach fahren wir in die Hauptstadt der Präfektur, wo Tanaka Takahashi eine große Wohnung angemietet hat. Ich orientiere mich in der Wohnung und schaue mir die Küche an.

Mein Otto -Ehemann- hat die neue große Wohnung noch nicht lange bewohnt und die Vorräte sind auf die Bedürfnisse eines Single zugeschnitten. Ich werde also als Nächstes einkaufen gehen.

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