Dienstag, 9. August 2022
Aibou - Die Zofe -22
Nach dem Essen sitzen wir noch etwas bei Tee und süßem Gebäck zusammen. Papa erfährt dabei von Tanaka-San, welche Lebensmittel auf der Insel erzeugt werden und welche eingeführt werden müssen. Der Sohn des Kanrisha -Ortsvorstehers- erklärt auch, dass nur wenige Haushalte eine voll funktionstüchtige Küche besitzen. Die meisten Inselbewohner gehen in den Restaurants essen, wie früher in den Kantinen der Firma, als sie noch bestanden hat. Daneben kann man auch mehrere Baraetishiata -Varieté-Theater- besuchen und dabei etwas essen. Die dortigen Küchenchefs werden ihre Bestellungen ab jetzt an Papas Büro richten, erklärt er. Seine Aufgabe ist es nun, die Lebensmittellager immer soweit gefüllt zu haben, dass kein Engpass entsteht. Für die wenigen Haushalte mit voll funktionsfähiger Küche gibt es drei Supermärkte auf der Insel. Deren Geschäftsführer sind auch schon informiert, dass sie sich mit ihren Bestellungen an Papa richten sollen.

Tanaka-San beruhigt:
"Wir wollen Sie nicht ins kalte Wasser werfen. Der Arbeitsbeginn ihres Büros ist in einer Woche angesetzt. Bis dahin helfe ich Ihnen, ihr Büro auszustatten und zeige Ihnen auch, woher die Nahrungsmittel kommen, die in den Lagern gestapelt sind. Ebenso können Sie in dieser Zeit mit Ihren Abnehmern auf der Insel Kontakt aufnehmen und sich gegenseitig kennenlernen. Das Gleiche gilt auch für Ihren Kontakt mit den Lebensmittelerzeugern auf der Insel und den Lieferanten, wenn welche im Hangar festmachen."

"Yoi -Gut-," antwortet Papa lächelnd. "Das hört sich alles wunderbar an. Ich bin gespannt auf gute Zusammenarbeit!"

Im weiteren Verlauf werden nur noch unwichtige Dinge besprochen und Höflichkeitsfloskeln ausgetauscht, bis Papa sagt:

"Hätten Sie morgen Zeit, damit zu beginnen, mich mit allem bekannt zu machen, Tanaka-San? Dann würde ich mich gerne allmählich zurückziehen wollen."

"Morgenfrüh gegen 9 Uhr?" fragt Tanaka-San zurück.

"Das hört sich gut an," antwortet Papa lächelnd und erhebt sich.

Die Herren stehen ebenfalls auf und begleiten uns zur Tür. Wir wechseln dort wieder aus den Pantoffeln in unsere Straßenschuhe und Papa sagt zum Abschied höflich:

"O-jama shimashita -Ich habe gestört-."

Da ich mich schon besser auf der Insel auskenne, will ich meine ehrenwerten Eltern zu unserer Wohnung zurückführen. Unterwegs frage ich, ob wir nicht die Zeit bis zum Abendessen dadurch nutzen sollen, dass ich ihnen die Insel zeige, soweit ich sie selbst kenne. Papa ist damit einverstanden. Also fahre ich mit ihnen zuerst einmal mit dem Express-Aufzug auf die Ebene 0 herunter. Hier gehen wir ins Freie. Unterwegs dahin zeige ich ihnen die 'Blaue Grotte' und erkläre sie ihnen.

Im Freien weise ich in die Runde und sage:
"Wir befinden uns hier auf der untersten Vegetationsebene. Sie liegt in der Mitte der Insel. Wenn wir höher schauen, sehen wir weitere Vegetationsebenen terrassenförmig angelegt an den Flanken von drei Hochhäusern, die die Insel begrenzen.
Hier sind Bambushaine, Obstbüsche und niedrigwachsende Obstbäume angepflanzt. Auf den höheren Terrassen finden wir Kartoffeln und Gemüse, auch Reis und weitere Obstbüsche. Kirschbäume stehen in speziellen Pflanztöpfen.
Natürlich gibt es auch Ziergärten nach Zen-Tradition. Solche habt ihr ja schon gesehen."

Während ich rede und Papa und Mama in die Höhe schauen, um die Terrassen zu überblicken, hören wir plötzlich ein "Pok, Pok, Pok" zu unseren Füßen. Mama macht ein überraschtes Gesicht. Ich lächele und erkläre:

"Natürlich halten wir auch Hühner auf der Insel. Kommt, wir gehen wieder zurück, bevor wir einen Hahn zum Angriff provozieren."

"Die Verarbeitung und Lagerung der Lebensmittel geschieht dann sicher fabrikmäßig auf den unteren Ebenen hier?" fragt Papa.

Ich nicke und bestätige seine Annahme.

Anschließend führe ich meine ehrenwerten Eltern an Sportclubs und dem Baraetishiata -Varieté-Theater- in dem Hochhaus vorbei, in dem wir uns gerade befinden. Dazu erkläre ich, dass es in jedem der drei Hochhäuser jeweils das gleiche Freizeitangebot gibt.

Während wir durch die Gänge gehen, kommen wir auch an einem Supermarkt vorbei. Mama bleibt stehen und fragt angesichts des Geschäfts:

"So etwas habt ihr hier also auch?"

Ich nicke lächelnd und meine:
"Die Haushalte, die selbst kochen möchten, müssen ja irgendwo ihre Lebensmittel kaufen können. Niemand braucht über die Terrassen zu wandern und selbst ernten, was er braucht. Außerdem gibt es ja nicht alles das ganze Jahr über. Dazu braucht es eine Lagerwirtschaft."

Mama ist während meiner Erklärung näher an den Laden herangetreten. Ihre Hand liegt auf der Eingangstür. Sie öffnet sie und sogleich hört sie von drinnen, ihr ein "Irasshaimaseeeee -Willkommen-!" entgegenschallen.

Lächelnd betritt sie den Laden, so dass Papa und ich ihr folgen müssen. Mama geht interessiert durch die Gänge.

Jedesmal, wenn wir dabei einen Mitarbeiter passieren, der gerade ein Regal einräumt, ruft er oder sie laut "Irasshaimaseeeee!", auch wenn der Mitarbeiter uns während der Arbeit gerade den Rücken zukehrt.

Oder sie bedanken sich, wenn man einen Artikel gewählt hat.

"Arigatou gozaimaaaaaaasu!"

Vorsorglich habe ich mich am Eingang mit einem roten Einkaufskorb ausgerüstet, um den Artikel darin zur Kasse zu tragen. Dort angekommen, stelle ich den Korb neben die Kasse.

Der Kassierer nimmt nun im Stehen jeden gewählten Artikel einzeln aus dem Korb, hält das Lesegerät an den Strichcode und platziert ihn in einen grünen Korb an der anderen Seite des Kassenautomaten. Nachdem der rote Korb geleert ist und die Kasse den Betrag anzeigt, legt Mama ihr Geld in ein Schälchen, in das der Kassierer anschließend das Wechselgeld legt.

Ich nehme nun den grünen Korb und gehe damit zum Einpackbereich, gefolgt von Mama und Papa. Dort verstaue ich Mamas Einkauf in eine textilene Einkaufstasche, mit der wir schließlich den Laden verlassen.

Draußen spricht Mama lächelnd Papa an:
"Wie lange haben wir in Düsseldorf gewohnt, Youki-San?"

"Nun, das werden ungefähr zwanzig Jahre gewesen sein," meint er.

"Weißt du, wie sehr ich es vermisst habe, einkaufen zu können wie hier?" resümiert sie auf dem Weg in unsere Wohnung.

... link (0 Kommentare)   ... comment