Dienstag, 11. Oktober 2022
Aino sasayaki -Flüstern der Liebe- 01
Fünf Jahre arbeite ich jetzt schon in diesem Kombini -Supermarkt-. Nach der Mittelschule habe ich hier eine Ausbildung gemacht und arbeite seitdem hier als Verkäuferin. Die meiste Zeit räume ich Waren in die Regale. Wenn Kunden nach einem bestimmten Artikel fragen, führe ich sie an das entsprechende Regal. So auch heute.

Ein älterer Kunde kommt herein. Da ich gerade in der Nähe bin, rufe ich ihm freundlich lächelnd ein:
"Irasshaimaseeeeeeee -Willkommeeeeeen-" entgegen.

Er nimmt am Eingang einen der roten Einkaufskörbe, macht zwei Schritte in das Geschäft.

Dabei sage ich:
"Goran kudasai -Bitte sehen Sie sich um!"

Er lächelt mir zu und verschwindet zwischen den Regalen. Einige Minuten später sehe ich ihn suchend an den Regalen vorbeigehen und die Artikelschildchen lesen.

Ich nähere mich vorsichtig und flüstere:
"Nani ka o-sagashi desu ka, Okyaku-Sama -Suchen Sie etwas Bestimmtes, mein Herr-?"

Er schaut auf seinen Einkaufszettel und nennt mir das Produkt.

"Kashikomaimashita, Okyaku-Sama -Verstanden, mein Herr-!" antworte ich, mich höflich verbeugend und beeile mich an das entsprechende Regal zu kommen. Dort nehme ich das Produkt an mich und gehe zu dem Kunden zurück. Bei ihm angekommen, verbeuge ich mich wieder und reiche ihm, was er gesucht hat, mit beiden Händen. Danach sehe ich ihn nicht mehr.
Andere Kunden, die an mir vorbeigehen, um ihren roten Korb zu füllen, bekommen von mir ebenso ein lautes "Irasshaimaseeeeee!" mit einem Lächeln zu hören.

Nimmt ein Kunde etwas in meiner Nähe aus dem Regal, um es in seinen Korb zu legen, erhält er von mir ein "Arigatou gozaimashita, Okyaku-Sama -Vielen Dank, mein/e Herr/Dame-!" mit einer leichten Verbeugung zu hören.

Irgendwann ist auch dieser Tag vorbei und ich hänge meinen Arbeitskittel in den Spind. Mich freundlich von den Kollegen verabschiedend, gehe ich zur Haltestelle der Hochbahn, warte geduldig bis ein Zug kommt und die Passagiere hintereinander einsteigen. Ich muss eine Viertelstunde fahren und steige an der immer gleichen Station aus.

Nun bin ich noch zehn Minuten zu Fuß unterwegs. Dabei komme ich an einem Sportplatz vorbei. Unter den Flutlichtlampen spielen einige Schüler der Oberstufe Tennis.

Endlich erreiche ich den Wohnblock, in dem die elterliche Wohnung liegt. Sicher hätte ich inzwischen schon zuhause ausziehen können, aber ein kleines Appartement von 25 Quadratmeter kostet in Japan je nach Lage 70.000 Yen bis 100.000 Yen Miete pro Monat, während ich mit 180.000 Yen Lohn auskommen muss. Also bleibe ich in meinem Kinderzimmer wohnen und helfe dafür meiner aisuru Oka-San -lieben Mutter- im Haushalt.

Ich öffne die Wohnungstür und rufe in die Wohnung:
"Konbanwa. Tadaima -Guten Abend. Ich bin zuhause!"

Aus der Küche tönt mir ein "Okaeri -Willkommen zurück-!" entgegen. Schnell ziehe ich meine Straßenschuhe aus und stelle sie in das Regal neben der Wohnungstür. Anschließend werfe ich meine Rucksacktasche in mein Zimmer und gehe in die Küche. Im Kühlschrank finde ich eine Flasche mit Tee. Ich schenke Mama und mir je ein Glas Tee aus und frage Papa:

"Willst du auch ein Glas Tee, Papa?"

Der rippana Otou-San -ehrenwerte Vater- sitzt mit dem Rücken zu uns in einer Ecke der Küche vor seinem Laptop und bearbeitet irgendeine Präsentation.

"Yorokonde -Ja gerne-," antwortet er. "Ich komme rüber."

Er erhebt sich aus dem Schneidersitz, in dem er gesessen hat, steht deshalb kurzzeitig auf dem Hocker, zum Laptop herunter gebückt und speichert seine Arbeit ab. Danach kommt er zum Küchentisch und setzt sich neben Mama.

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