Dienstag, 7. Februar 2023
Hao Ling -17
Der zurückbleibende Premier und Bu Men -Meister- Chen verbeugen sich und werden sicher auch bald die Tafel verlassen. Ich begleite Ihre Majestät zu Ihrer Suite, wo auch ich mein Zimmer habe. Unterwegs spricht sie mich an:

"Ich wünschte, ich hätte zuerst mit dir über meine Zukunft gesprochen. Ich liebe es, mich vor richtungweisenden Entscheidungen mit dir abzustimmen, wie du weißt. Findest du meine Entscheidung gut?"

"Eure Hoheit hat ein Betätigungsfeld gewählt, dass Eurem Charakter und Euren Stärken entspricht! Wir werden herausfinden, was am ehesten Erfolg verspricht," antworte ich ihr.

"'Wir?'" fragt Ihre Hoheit, sichtlich berührt.

Sie ist stehen geblieben und schaut mir direkt in die Augen.

"Natürlich 'Wir'," wiederhole ich. "Ihr habt während der letzten sechs Jahre nicht mehr die eigenen Schuhriemen gebunden. Ihr werdet jede Hilfe brauchen, die Ihr erhalten könnt!"

"Das ist nicht wahr!" erwidert Yi Ni lachend. "Fast jedes Paar meiner Schuhe hat gar keine Schuhriemen!"

"Das ist wohl wahr," lenke ich augenzwinkernd ein. "Aber Ihr könnt stets auf mich zählen!"

"Danke, meine Freundin!" sagt die Königin mit viel Wärme in der Stimme.

Dann haben wir die Suite erreicht und schauen zuerst, was das Fernsehen an Zerstreuung anbietet. Über eine Stunde später ziehen wir uns auf unsere Zimmer zurück.

Eine knappe Woche danach ist die Wahl gelaufen und die neue Königin hat das Zepter übernommen. Ich begleite Yi Ni zum Haus ihrer Eltern.

*

Nachdem ich von Yi Nis ehrenwerten Eltern herzlich aufgenommen worden bin, die sich mir gegenüber unendlich dankbar gezeigt haben, bin ich zu meinen ehrenwerten Eltern weitergereist, um mich als gehorsame Tochter im Garten nützlich zu machen.

Nach einer Woche verabschiede ich mich wieder von ihnen. Sie lassen mich ungern ziehen, zeigen aber Verständnis, als ich ihnen erkläre, dass ich meine Freundin Yi Ni nicht allein lassen kann.

In Yi Nis Elternhaus bereitet man gerade eine Reise nach Afrika vor. Yi Nis Vater ist als Ingenieur im Entwicklungsdienst tätig. Wir fliegen gemeinsam nach Ostafrika, um ein Dammbau-Projekt an einem der Nilzuflüsse zu beaufsichtigen. Der Damm soll ganzjährig Wasser für die Felder der Bauern liefern und gleichzeitig Strom erzeugen.

Während Yi Nis ehrenwerter Vater die Arbeiten beaufsichtigt und die Materiallieferungen koordiniert, möchte sich Yi Ni die Lebensbedingungen der ansässigen Bevölkerung anschauen. Wir haben manchen schönen Kontakt zu den Einheimischen. Dabei sehen wir aber auch, dass viele Frauen eine Beschäftigung brauchen, mit der sie etwas herstellen und selbständig auf dem Markt verkaufen können.

Die Finanzmittel von Yi Nis ehrenwertem Vater lassen es zu, dass sie ein eigenes Budget erhält. Die Frauen sind uns dankbar. Unsere Hilfe spricht sich herum, so dass die Leute mit ihren Bitten nun gezielt Yi Ni ansprechen. Sie hat für alle ein offenes Ohr, lässt sich zeigen, worum es den Leuten geht und legt dann Prioritäten fest.

Mitten in der Arbeit erhält Yi Ni eine E-mail mit dem offiziellen Siegel der neuen Königin unseres Volkes. Sie schreibt, dass der ehrenwerte Delegierte He An Jing bei der nächsten Wahl zum Volkskongress nicht wieder antreten möchte. Ihre Majestät setzt großes Vertrauen in die Arbeit der ehrenwerten Lai Yi Ni, steht darin, deshalb wünscht sie, dass Lai Yi Ni die Nachfolge als Delegierte übernimmt, falls sie gewählt wird.

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