Mittwoch, 6. März 2024
Kiron, der Sucher -08
Meine Augen suchen den Hausherrn. Schließlich sehe ich ihn im Halbdunkel auf einem Krankenlager liegen. Ich erhebe mich und nähere mich dem alten Mann, um mich neben ihm im Schneidersitz niederzulassen. Nun rezitiere ich einige Verse, die auf Buddha zurückgehen und gebe dem Mann schluckweise von meinem Tee zu trinken.

Als die Teeschale leer ist, stelle ich sie neben mich und lege ihm meine Hand auf die Stirn, während ich weitere Texte leise vor mich hin spreche. Ich habe die Augen geschlossen und versuche, mit Prana -Lebenshauch- Verbindung aufzunehmen.

Bald erhebt sich der Mann auf seinem Lager in den Schneidersitz. Ich ziehe mich zurück und setze mich wieder auf meinen Platz neben meinem Lehrer an der Kochstelle.

Der Hausherr will sich erheben. Es klappt nicht. Er ruft nach seinem Sohn. Dieser hilft ihm auf und stützt ihn beim Nähertreten, damit er sich uns gegenüber setzen kann, neben den Platz, auf dem sein Sohn eben gesessen hat. Dann nimmt auch dieser wieder Platz ein.

Die Mutter reicht nun Schalen mit Reis herum, verfeinert mit einer aromatischen Sosse. Mein Lehrer wird von den Leuten gebeten, ihnen beim Essen von Buddha zu erzählen.

Draußen vor dem Eingang hat sich eine größere Menschenmenge gebildet. Ich nehme meine Reisschale und setze mich damit in den Eingang der Hütte. Nun wiederhole ich jedes Wort meines Guru -spirituellen Lehrers-, damit die Menge vor der Hütte alles genau mitbekommt.

Als er geendet hat ist es Nachmittag geworden. Mein Lehrer schließt die Augen und beginnt eine Meditation. Der Hausherr will sich erheben. Sein Sohn stützt ihn dabei wieder. Der ältere Mann tritt mit unsicheren Schritten in den Eingang seiner Hütte und macht einen Schritt ins Freie.

Nachdem mein Lehrer geendet hat und auch ich nichts mehr sage, sind die meisten Leute aufgestanden und zu ihrer Arbeit zurückgekehrt. Diejenigen, die noch eine Weile nachdenklich sitzengeblieben sind erleben jetzt, wie der Hausherr anscheinend genesen, aber noch etwas schwach umhergeht.

Dadurch entsteht zuerst ein erstauntes Gemurmel. Dann werden die Stimmen lauter und auch der Hausherr redet leise auf die Leute ein und lächelt. Einige Leute erheben sich nun, um die Neuigkeit im Dorf zu verbreiten. Schließlich zieht sich der alte Mann wieder in seine Hütte zurück. Er ist erschöpft.

Wir werden gebeten in der Hütte zu übernachten, bevor wir morgen weiterziehen. Nach einer Schale Tee legen wir uns mit den Leuten um das gelöschte Kochfeuer, die Füße zur Glut gerichtet.

*

Am Morgen darauf verabschieden wir uns nach dem Frühstück herzlich von unseren Gastgebern. Im Hinausgehen segnen wir die Hütte und ihre Bewohner. Wir streben der gegenüberliegenden Seite des Dorfes zu. Dabei sammelt sich wieder eine Traube junger Leute um uns. Nach einigen Minuten werden sie von ihren Vätern und Brüdern zurückgerufen, damit sie ihnen auf den Feldern helfen.

Nur ein Junge, nicht älter als ich damals, als ich dem Guru gefolgt bin, bleibt in unserer Begleitung.

"Wo wohnst du?" frage ich ihn.

Er zeigt zurück. In dieser Richtung stehen mehrere Hütten. Ich will ihn auffordern uns zu führen, als er uns von seinem Schicksal berichtet:

"Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben. Mein Vater, ein Machhua -Fischer-, hat mich zu meiner Tante gegeben. Er hat die Familie meines Onkels unterstützt, indem er ihnen seinen Fang überlassen hat. Vor zwei Jahren ist auch er gestorben. Nun habe ich niemand mehr."

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