Montag, 26. Februar 2024
Kiron, der Sucher -05
Irgendwann findet dieser innere Kritiker nichts mehr zum Kritisieren. Der Zustand der Neutralität ist erreicht. Der Kritiker hat Pause und es bleibt nur die nicht wertende Aufmerksamkeit übrig.

Nun versuche ich die Wurzeln jener Gedanken zu erreichen, die dafür sorgen, dass der Quell der Gedanken einfach nicht abreißt. Willentlich kommt man an den Bewusstseinszustand des 'Zeugen' nicht heran. Man muss ihn sich erarbeiten, indem man die Konfliktpunkte und die Quelle der Störgedanken und der Störgefühle in angemessenem Tempo löst.

Paramapaavan -seine Heiligkeit- erklärt mir in den Nachgesprächen, dass ich mich vielleicht daran erinnere, wie ich möglicherweise als Kind den Kopf in den Nacken gelegt und einen jungen Jujube -Rosenapfel- am Baum in der untergehenden Sonne gesehen habe, wenn mich die Freude des ersten vollkommen gedankenfreien Augenblicks überrascht. Da ist es nun, das namenlose Staunen. Reine Beobachtung. Keine Wertung. Das Bewusstsein denkt nicht, während es etwas wahrnimmt. Natürlich nimmt es den Apfel wahr und so weiter, doch der Denkapparat ist offline.

Das Zeugenbewusstsein findet noch 'bodenständig' statt, ganz im Hier und Jetzt. Die Aufmerksamkeit nimmt wahr, dass sich der Geist bestimmte Gedankenbilder spinnt, doch sie identifiziert sich nicht mit der Geschichte, lässt sich nicht von ihr ködern. Der 'Beobachter' hält keinen Gedankensplitter an.

Auf diese Weise eröffnet sich mir die Möglichkeit, eine gewisse Beeinflussung meines Denkens vorzunehmen. So erschaffe ich mir hilfreiche Vorstellungen im Geist.
In meinen Meditationen versuche ich, mich immer weiter zu entwickeln. Ich trete quasi neben mich und beobachte meine Gedanken und Gefühle. Mein ICH kann mein inneres Wesen nicht fühlen, das kann es nur selbst tun.

Der innere Beobachter, das 'Zeugenbewusstsein', ist nun das Bewusstsein des inneren Wesens, das geweckt werden muss. Denn solange das innere Wesen sich selbst nicht bewusst erkennt, bleibt es inaktiv - es schläft. In diesem Stadium befinde ich mich im Augenblick noch. Wenn Erkennen möglich werden soll, muss es zwei geben: einen Erkennenden und ein Erkanntes, also eine Dualität.

Paramapaavan -seine Heiligkeit- hat einmal von Prana -Lebenshauch- gesprochen, einer alles durchdringenden Lebenskraft. Also versuche ich sie bei meinen Meditationen zu finden.

Irgendwann hat mich mein Lehrer bei einer Meditation durch Berührung gestört. Als ich in das 'Hier und Jetzt' zurückfinde, habe ich das Gefühl den Boden mit meinem Hintern hart zu Berühren. Er schaut mich mit großen Augen an und verbietet mir, noch einmal so tief zu meditieren, wie er es nennt.

Paramapaavan -seine Heiligkeit- berichtet mir nun aufgeregt von Sagen, nach denen sich ein Guru vor langer Zeit von den Lehren Buddhas entfernt hat. Auch dieser Guru hat die tiefe Meditation beherrscht und nach Prana -Lebenshauch- geforscht. Er hat aber statt dem achtfachen Pfad zu folgen, das Karuna -begierdeloses unendliches Mitgefühl- den Menschen zu bringen und nach Prajna -vollkommene Weisheit- zu streben, die Habgier zu seinem Lebensziel erkoren.

Du weißt ja, Yoni und Linga (Yin und Yang) sind ein Gegensatz rhythmischer Art. Auf die Nacht folgt der Tag und wieder die Nacht. Es ist ein ewiger Kreislauf. Wir erkennen das an und werten nicht! Er aber hat gewertet und das Böse, die Habgier, für sich erkoren.

"Bitte halte dich davon fern, Kiron! Ich möchte nicht, dass du dich auch für die dunkle Seite entscheidest!" endet er.

"Wenn ich aber an das Gute glaube und es in der Welt unterstützen möchte?" frage ich ihn.

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