Dienstag, 21. Mai 2024
Eine neue Hoffnung -03
Angesichts der Bilder vor den Busfenstern beginnt Frau Müller einen kleinen Vortrag. Wir sollen ja nicht denken, dass wir hier Urlaub machen. Sie erklärt:

"Kathmandu hat gut 1 Million Einwohner und liegt in einem breiten Tal. Wie ihr sehen könnt, hier ist alles staubig - und bunt! Elektrokabel hängen wie Spinnweben zwischen den Häusern, die weder Frischwasser- noch Abwasserleitungen haben. Wer es sich leisten kann, lässt sich einmal im Monat den Haus-Tank mit Frischwasser per Lastwagen füllen. Trinkbares Wasser wird in Plastikflaschen verkauft.
2015 hat es in Kathmandu ein schweres Erdbeben gegeben, dessen Zerstörungskraft man heute noch sehen kann. Das Land erholt sich nur sehr langsam davon.
An jeder Ecke wird etwas verkauft oder steht ein Tempel für einen der vielen buddhistischen oder hinduistischen Götter. Nur wenige Völker der Welt feiern so viele Feste wie die Nepalesen."

Dann haben wir die Stadt mit ihrem Gehupe auf den Straßen verlassen. Unser Ziel ist der Chitwan Nationalpark. Fast sieben Stunden soll die Fahrt von Katmandu dorthin dauern, erklärt unser Guide.

Sehr schnell ändert sich schon nach wenigen Kilometern die Landschaft. Eben sind wir noch im Herzen der quirligen Großstadt beinahe im Schritt vorwärtsgekommen. Neben der Straße fließt nun ein malerischer Bach einher, der aber schnell zu einem reißenden Strom wird. Wie der Guide erklärt, handelt es sich dabei um den River Trishuli.

Das Gelände, durch das die Straße dem Fluss folgt, wird immer grüner und hügeliger. Kleine Bananenplantagen säumen die Hänge und Reisfelder liegen in Terrassen daran. Die Sonne spiegelt sich in dem Wasser auf den Feldern. Kleine Dörfer und Hütten säumen das Ufer des Flusses, der hier und da von Hängebrücken überspannt wird.

Auf unserem Weg nach Süden, die Hänge des Himalaya hinunter, fährt der Bus durch Serpentinen. Einige Straßenabschnitte haben auf der einen Seite himmelhohe Felswände und auf der anderen Seite steile Abgründe. Andere Straßenabschnitte sind eng und ungesichert. Der Bus fährt sehr langsam, so dass ich allmählich ein sicheres Gefühl bekomme. Das Vertrauen in das Können des Fahrers wächst.

Immer wieder begegnen uns bunte Lkw mit Gardinen hinter den Scheiben, an denen alle Handbreit eine Bommel baumelt. Wenn sie an uns vorbeifahren, von Indien kommend oder dorthin fahrend, sind oft nur wenige Zentimeter Platz, aber die Fahrer sind das gewohnt und meistern solche Situationen gekonnt.

Je weiter südlich wir kommen, desto grüner wird die Landschaft und desto höher wachsen die Pflanzen. Es fühlt sich mehr und mehr nach Dschungel an. Auch das Thermometer klettert über 30 Grad. Die Luftfeuchtigkeit steigt in Bereiche, in denen nichts mehr trocken bleibt.

Gegen Abend haben wir endlich unser Ziel erreicht. Der Bus hält in einem Dorf der Tharu. Wir steigen aus und recken unsere Glieder. Der Fahrer und der Guide kümmern sich um das Abladen des Gepäcks. Ich nehme meinen Koffer in Empfang. Dann kommt auch schon eine Frau in einem bestickten Sari aus einem Haus auf unsere Reisegruppe zu. Wir werden zu Zweit auf die Gastfamilien aufgeteilt und zu ihnen hingeführt. Dort gibt es ein schüchternes erstes "Hello".

Die Familien haben strohgedeckte Hütten neben den ihren errichtet mit angeschlossenem Badezimmer. Diese Bezeichnung mag auf Europäer vielleicht hochtrabend wirken, denn fließendes Wasser findet man hier in keiner Hütte. Ansonsten gibt es bequeme Betten, Moskitonetze und Deckenventilatoren. Die Toiletten sind Plumpsklos an der Hüttenwand.

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