Samstag, 18. Mai 2024
Eine neue Hoffnung -02
Drüber vergeht die Schulstunde wie im Flug. Ich habe nicht gewusst, dass es im 21. Jahrhundert immer noch Sklaverei gibt! Ich, das heißt, mein Name ist Leni Mrachartz. Mein Vater ist im Bankenbereich tätig. Er prüft die Kreditwürdigkeit der Antragsteller. Zuhause habe ich eine unbeschwerte Kindheit verbringen dürfen und bin nun in der neunten Klasse des Gymnasiums unserer Heimatstadt.

*

Nun sitze ich, Leni Mrachartz, mit sieben Mitschülern im Flugzeug. Zweidrittel unserer Klasse haben sich entschieden, lieber einen Betrag ihrer Wahl an die Hilfsorganisation zu spenden, als eine Woche ihrer Ferien zu opfern und Land und Leute kennen zu lernen. Wir mussten mehrere Impfungen über uns ergehen lassen, unter anderem auch gegen Malaria, bevor wir fliegen durften. Frau Müller hat von jedem Mitreisenden über 600 Euro eingesammelt, von denen über 200 Euro an die Gastfamilie geht. So unterstützen wir die Menschen dort auch direkt.

Der Flug ab Berlin nach Katmandu soll 12 Stunden und 35 Minuten dauern. Es ist gleichzeitig auch mein erster Flug. Ungefähr zwei Stunden haben die Formalitäten vor dem Start gedauert, dann dürfen wir das Flugzeug entern. Wir suchen unsere Sitzplätze und machen es uns bequem. Dann ertönt ein Gong und ich spüre eine Vibration. Beim Blick aus dem Fenster sehe ich, dass wir uns rasend schnell fortbewegen. Dann werde ich in den Sitz gepresst und die Maschine steigt in einem irren Winkel in den Himmel. Nach einigen Minuten kippt das Flugzeug in die horizontale Lage zurück und wir dürfen den Gurt wieder lösen.

Die Flugbegleiter gehen herum und fragen jeden, ob er ein Imbiss haben möchte. Dabei lassen sie ihren Blick schweifen. Ich bestelle nur eine Kleinigkeit, denn ich habe vor, während des Großteils des Fluges zu schlafen. Bald darauf bin ich auch eingeschlummert.

Als ich wach werde, haben wir den Himalaya erreicht. Wir haben 9:40 Ortszeit und sollen in einer halben Stunde etwa in Katmandu landen. Mein erster Blick geht aus dem Kabinenfenster. So etwas habe ich noch nie gesehen. Es ist einfach überwältigend! Wir fliegen über den Wolken. Viele Berggipfel in weiß und grau durchstoßen die Wolkendecke und erscheinen mir zum Greifen nah.

„Das ist ‚Hammer‘! Schau mal, Emma!“ entfährt es mir und ich rüttele meine Freundin wach.

Sie schaut mich mit kleinen Augen an und riskiert dann auch einen Blick aus dem Fenster. Ihre mürrische Stimmung ist wie weggeblasen.

„Sheesh!“ lässt sie sich vernehmen.

Wir hängen mit den Blicken an den Berggipfeln bis die Maschine landet und wir aufstehen müssen. Nun warten wir noch einmal etwa zwei Stunden bis jeder seinen Koffer hat. Anschließend gehen wir langsam auf den Ausgang zu. Frau Müller schaut sich suchend um. Endlich hat sie den einheimischen Kontaktmann gefunden, der auch unser Guide sein wird.

Er führt uns nach draußen auf den Parkplatz. Viele Motorradrikschas kurven hier herum und suchen nach Fahrgästen. Der Mann führt uns zu einem bunt bemalten Bus. Wir sollen unsere Koffer abgeben und der Guide wuchtet sie zusammen mit dem Busfahrer auf das Dach des Busses. Dort gibt es auf voller Länge einen Gepäckträger. Zum Abschluss wird darüber ein Netz gespannt. Nun dürfen wir einsteigen.

Bevor wir abfahren, hält neben uns ein Motorrad mit gasbefeuertem Ofen vor der Lenkstange. Der Mann verkauft warme Speisen für umgerechnet wenige Cent. Dann kurvt der Bus vom Parkplatz herunter.

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