Dienstag, 28. Juni 2022
Aibou - Die Zofe -03
Als ich alleine bin, schiebe ich neugierig die besagte Tür einen Spaltbreit auf und spähe in das Nachbarzimmer. Es ist modern eingerichtet. Plötzlich höre ich einen Laut und erschrecke mich so, dass ich sofort zu meinem Schrankbett laufe, mich auf den Futon lege und die Decke über mich werfe. Unter der Decke schlüpfe ich nach einigen Sekunden aus meinen Schuhen und stelle sie neben das Bett. Danach drehe ich mich zur Wand und versuche zu schlafen.

Es dauert eine Weile bis sich mein Herz beruhigt hat und ich in einen leichten Dämmerschlaf falle, aus dem ich mitten in der Nacht durch einen Schrei geweckt werde.

Im Nu bin ich auf den Beinen, habe die Schiebetür zur Seite geschoben und laufe auf die Frau auf dem Futon im Nebenzimmer zu. Dort beuge ich mich über sie und versuche sie zu beruhigen.

"Aijin! Aijin, subete daijo budesuka? -Herrin! Herrin, ist alles in Ordnung bei Ihnen?"

Sie fragt im Halbschlaf:
"Sumiko -ruhiges Kind-?"

"Sumiko wurde entlassen, Herrin," antworte ich. "Ich bin Momoi, Ihre neue Zofe. Sie hatten wohl einen Alptraum. Ich hörte Sie schreien."

Sie drückt eine Puppe an sich. Einer Eingebung folgend lege ich mich in meiner Dienstkleidung zu ihr auf den Futon, um sie mit meiner Nähe zu beruhigen. Sie dreht mir ihren Rücken zu. Jetzt stimme ich ein leises Schlaflied an und streichele sanft ihre obenliegende Schulter. Bald künden regelmäßige Atemzüge davon, dass sie wieder eingeschlafen ist.

*

Am nächsten Morgen löse ich mich vorsichtig von ihr, um mich in aller Frühe bei der Haushälterin zu melden. Vier weitere Dienstmädchen kommen hinzu. Wir hören uns an, was sie zu sagen hat und beginnen mit der zugewiesenen Arbeit. Nach etwa zwei Stunden werden wir zum Frühstück in die Küche gerufen. Anschließend soll ich dem Fräulein das Frühstück servieren. Die Köchin schickt mich mit einem vollen Tablett zu ihr.

Ich klopfe vom Gang aus an die Tür zu ihrem Zimmer und sage:

"Ohayo gozaimasu, Aijin, -Guten Morgen, Herrin-, ich bringe Ihnen das Frühstück!"

Die Tür öffnet sich. Ich sehe, dass die Haushälterin mit im Raum ist und mir gerade die Tür geöffnet hat. Beim Hindurchgehen verbeuge ich mich respektvoll und trippele an den Tisch im Raum, um das Frühstück vom Tablett herunter auf dem Tisch zu platzieren. Die Herrin ist angekleidet und steht zwischen den Polstermöbeln im Raum. Die Haushälterin stellt mich nun der Herrin vor.

Mit kleinen schnellen Schritten laufe ich auf sie zu und ziehe dabei das Empfehlungsschreiben der Agentur aus meiner Schürze, um es ihr beidhändig mit einer tiefen Verbeugung entgegenzustrecken.

"Ein Empfehlungsschreiben der Agentur..." sage ich dabei.

Sie öffnet den Brief und überfliegt ihn kurz. Dann schaut sie mich offen an.

"Nun, gefällt es dir denn hier? Leider scheint die Sonne kaum hier herein. Wie soll man so einen trostlosen Ort mögen können? Du musst dich in meiner Gegenwart nicht verstellen!"

In diesem Moment verbeugt sich die Haushälterin mit nichtsagender Miene und meint:

"Ich ziehe mich besser zurück."

Ich verbeuge mich respektvoll bis sie die Tür des Zimmers der Herrin hinter sich verschlossen hat.
Die Herrin hat den Brief immer noch in der Hand. Sie schaut auf das Papier und verzieht das Gesicht zu einer schmerzvollen Miene. Danach setzt sie sich in einen Sessel der Wohnlandschaft, stöhnt auf und schließt kurz ihre Augen.

"Oh... Mein Kopf schmerzt jedesmal, wenn ich lesen möchte," sagt sie mit gequälter Stimme. "Kannst du es mir vorlesen, bitte?"

"Ich?" rufe ich überrascht aus.

"Ja. Liest du es mir bitte vor?"

Sie hat eine Frage gestellt, keine Aufforderung! Noch dazu bittend vorgetragen. Ich bin etwas verunsichert. Den Brief halte ich aufgefaltet in Augenhöhe vor mich und beginne zu lesen.

"Shin?ainaru Amatsuka-San -Verehrte Frau Amatsuka-, wie wir erfahren haben, benötigen Sie dringend eine neue Zofe..."

"Momoi-chan, du kannst dir bei mir viel erlauben. Eines mag ich jedoch gar nicht! Ich will nicht, dass du mich jemals belügst! Klar?" sagt sie, als ich den Brief ihr zusammengefaltet zurückgeben will.

"Hai, watashi no aijin. Hare! -Ja, meine Herrin. Klar!" antworte ich ihr und verbeuge mich tief.

Die Herrin erhebt sich und geht zum Tisch, auf dem ich das Frühstück angerichtet habe. Sie setzt sich in den Seiza -Kniesitz- und beginnt zu frühstücken, während ich abwartend danebenstehe.

*

"Bald feiert mein Otou-San -Vater- einen runden Geburtstag. Ich denke, wir sollten auch unser Kommen ankündigen, Tanaka-San?" frage ich, Tanaka Moe, beim Essen meinen Ehemann und Herrn, Tanaka Masao. "Ich habe meine liebe Schwester Kameko-chan schon lange nicht mehr gesehen."

"Sie wird inzwischen bestimmt verlobt sein. Vielleicht arbeitet sie in der Verwaltung der Werft deines Vaters?"

"Ich bin sehr gespannt auf ihre Geschichte, Okyaku-Sama -mein Herr-!"

"Ich werde also unser Kommen ankündigen."

*

Der sechzigste Geburtstag meines ehrenwerten Vaters ist wunderschön gewesen. Leider hat alles im Leben zwei Seiten: Meine liebe Schwester hat die Schule beendet und sollte eine Ausbildung beginnen, natürlich im Unternehmen meines Otou-San. Sie hat sich in einen jungen Mann verliebt, einen ehemaligen Mitschüler, der zu der Zeit ein Studium begonnen hat und ist von ihm zurückgewiesen worden. Dabei ist Kameko-chan doch wirklich eine gute Partie für jeden jungen Mann!

Kameko-chan hat sich nun zurückgezogen und eine Depression entwickelt. Dabei hat sie nun schon die dritte Zofe, die ihr Gesellschaft leisten und sie aufmuntern soll. Sie vergräbt sich in ihrem Zimmer, auf der Nordseite der Villa und geht nur bei Regen im Park spazieren; einem Wetter, das zu ihrer Stimmung passt.

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