Mittwoch, 18. September 2024
Namasté -03
Ich lege nun meine Hände ebenso zusammen, verbeuge mich leicht und antworte gleichfalls:

"Namasté."

Die Frau hat eine hellere Haut, hellere Haare, trägt aber einen Sari, wie die hohen Damen. Dennoch spricht sie Hindi. Sie fragt mich:

"Wo möchtest du denn hin? Kann ich dir irgendwie helfen?"

"Ich möchte in die Stadt," antworte ich. "Dort finde ich sicher Arbeit, oder Menschen, die mir eine Handvoll Reis spendieren."

"Was sagt denn dein Vater zu deinem Entschluss?" fragt sie vorsichtig.

Ich erkläre ihr:
"Der Pitaji hat von einem reichen Herrn Geld für seine Firma bekommen. Dafür muss ich eigentlich bei diesem Mann arbeiten. Aber ich bin in der Nacht weggelaufen, als alle geschlafen haben, nachdem ein Verwandter des Herrn mich genommen hat."

Die Frau nickt verstehend. Sie antwortet mir:
"Wir fahren in die Stadt. Dort unterhalten wir ein Haus für Kinder wie dich. Wenn du magst, steig ein und komm mit zu uns. Bei uns brauchst du nicht arbeiten. Du kannst zur Schule gehen, erhältst Essen, Kleidung und eine Matratze zum Schlafen."

Ich bin einverstanden und steige ein. Die anderen Kinder rücken bereitwillig zusammen und weiter geht die Fahrt. Die Frau hat ein vertrauensvolles Wesen, meine ich.

*

Nach ein paar Stunden Fahrt über die unebene Sandpiste erreichen wir die Stadt. Schwarze Stricke schaukeln im Wind zwischen den Häusern. Ab und zu wird es eng, wenn zwei große Fahrzeuge mit Tanks aneinander vorbeifahren wollen. Dann hält unser Fahrer an und wartet, bis es wieder weitergeht. Die Frau erklärt:

"Das sind Lastkraftwagen, oder kurz LKWs. Die mit den großen Tanks nennt man Tankwagen. Damit bekommen die Häuser von Zeit zu Zeit frisches Wasser in ihre Tanks."

Ich mache große Augen. In der Stadt muss also niemand mit dem Krug auf der Schulter zum nächsten Fluss gehen. Die Fahrzeuge, mit denen wir gekommen sind, halten nach einer Weile an einem Haus, das wie die anderen von außen weiß gekalkt ist. Über der Tür hat jemand mit blauer Farbe das gleiche Zeichen an die Wand gemalt, das auch auf den Türen der Fahrzeuge prangt. Die Frau zeigt darauf und erklärt:

"Diese Schule wird von der Organisation 'Plan International India' betrieben."

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