Samstag, 31. August 2024
Eine neue Hoffnung -37
"Herr Gurun?" fragt die Krankenschwester noch einmal.

"Leni, schau du sie dir an. Was meinst du?"

Leni schüttelt verhalten den Kopf und sagt mit fester Stimme:

"Padma! Unser Mädchen soll Padma heißen!"

Die Schwester fädelt ein paar Buchstabenwürfel auf und bindet dem Baby den Namen um das Handgelenk. Ich beuge mich über meine erschöpfte, aber glücklich lächelnde Leni und gebe ihr einen zarten Kuss, während ich ihre Hand drücke.

"Apsara Leni!" flüstere ich ergriffen.

"Wir wollen ihre Frau nun auf die Wöchnerinnenstation bringen," sagt die Krankenschwester jetzt.

Leni wechselt auf ein bereitstehendes Krankenbett und der Arzt öffnet die Tür zum Gang. Die Krankenschwester fährt Leni in ein Zimmer, in dem schon eine andere Frau liegt, neben sich ein Babybett. Ich bin ihnen gefolgt.

Nun nehme ich mir einen Stuhl, setze mich neben Leni und streichele ihre Wange. Mit dem Zeigefinger der anderen Hand berühre ich vorsichtig Padmas Finger. Wieder greift sie danach und steckt sie sich in den Mund. Ich bin glücklich und lasse sie gewähren.

Leni muss noch ein paar Tage im Krankenhaus bleiben. Danach soll sie zu Nachuntersuchungen zu ihrem Frauenarzt gehen. In ihrer Firma hat sie alles an ihren Stellvertreter übergeben, der die Firma schon einmal vorübergehend geführt hat. Damals hat der Mann ihren Vater über die wichtigsten Vorgänge informiert. Diesmal informiert er Leni und holt sich ihre Genehmigung für dringende Entscheidungen.

Leni arbeitet schon wieder in ihrer Firma und hat mir unser Kind währenddessen zur Betreuung übergeben. Ich nehme Padma mit ins Ashram und habe immer einen Blick auf die Kleine, wickele und füttere sie. Vier Monate danach haben wir wieder einmal einen Termin in der Gemeinschaftspraxis zweier Kinderärztinnen. Unsere Ärztin hat Urlaub, aber die Gemeinschaftspraxis ist trotzdem offen. Die zweite Ärztin begrüßt uns und untersucht Padma in unserem Beisein. Auf einmal zeichnen sich Sorgenfalten auf ihrer Stirn ab. Sie untersucht den Unterleib noch einmal und bewegt Padmas rechtes Beinchen. Dann wendet sie sich uns zu.

"Ihre Tochter muss ins Krankenhaus. Sie hat Hüftluxation 2.Grades. Wenn das nicht behandelt wird, wird Padma nie richtig gehen können. Sie müssen sich das so vorstellen: Das Hüftgelenk besteht aus einer Kugel am oberen Ende des Oberschenkelknochens und einer Pfanne im Hüftknochen, in der die Kugel Halt findet. Wenn nun die Pfanne zu flach ist, findet die Kugel keinen rechten Halt. Die Sehnen werden überbeansprucht. - Es gibt zwei Behandlungsmethoden: Einmal die Operation. Der dauerhafte Erfolg ist aber nicht hundertprozentig gegeben. Oder das Anpassen einer Schiene, die Padma dann tragen muss bis sie laufen lernt. Es ist ein jahrelanger Prozess, der aber erfolgreich verläuft. - Nebenbei... ich ärgere mich über meine Kollegin, dass sie das nicht schon früher erkannt hat."

Ich höre den Ausführungen der Ärztin gefasst zu. In unserem Haus lebt eine Familie mit einem inzwischen 12jährigen Jungen. Der Kleine fährt im Rollstuhl. Kurze Strecken bewältigt er, den Rollstuhl meist schiebend, im Watschelgang. Deshalb antworte ich der Ärztin:

"Wir entscheiden uns für die Schiene, Frau Doktor."

"Gut, dann mache ich die Papiere fertig," antwortet sie mir.

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