Mittwoch, 3. Januar 2024
Neferet -die Schöne- 04
Ich bin nun 14 Jahre alt und seit etwa einem Jahr bei Achti-Aa in der Schule. Lebhaft erinnere ich mich noch an eine besondere Begebenheit im Haus meiner Eltern. Mein Vater Sennefer ist als Schreiber unserer Stadt mit vielen Verwaltungsprozessen vertraut. Daher wundert es mich nicht, dass er jedes Jahr hohen Besuch aus der Hauptstadt erhält.

Seit ich sechs Jahre alt bin, hat Vater eine Bedienstete abgestellt, die mich unterrichten soll. Merit zeigt mir, wie wir schreiben und rechnen. Am Beginn hat es stundenlang gedauert und ist sehr anstrengend gewesen. Merit hat mich von Zeit zu Zeit abgelenkt und mit mir gespielt. Später habe ich es geschafft und schon viel schneller gelernt. Wenn ich solch eine Lerneinheit geschafft habe, bin ich sehr zufrieden mit mir. Das gilt auch heute noch!

Meine Lehrerin Merit ist bald meine beste Freundin unter den Erwachsenen geworden. Ich habe während des Unterrichts viel mit ihr geredet. Sie hat mich einmal lächelnd eine Quasselstrippe genannt. Viel zu viele Gedanken schwirren in meinem Kopf herum. Alles muss ich hinterfragen. Eines Tages kam der Bote des Per-Aa bei unserem Haus an, als wir gerade vor dem Haus diskutiert haben. Meine Worte blieben mir im Hals stecken, als er lauthals die Ankunft des Wesirs des Per-Aa ankündigt und ins Haus geht, um den Besuch auch Vater persönlich anzukündigen.

Die Bediensteten werden hektisch. Merit zieht sich mit mir etwas zurück, so dass wir zwar nicht im Weg sind, aber immer noch alles sehen können. Dann kommt ein Gespann mit zwei weißen Pferden vor dem Haus meiner Eltern an. Die Tiere ziehen einen offenen zweirädrigen Wagen, auf dem zwei junge Männer stehen. Einer der Beiden hat einen goldenen Halskragen umgelegt. Er steigt zuerst ab und nähert sich dem Eingang meines Elternhauses.

Merit hat versucht mich zurückzuhalten, aber als der Wesir vom Wagen steigt, hat sie sich in den Sand fallenlassen. Die Neugier des inzwischen achtjährigen Mädchens in mir hat mich ihm immer näherkommen lassen. Der Wesir verhält im Schritt, schaut mich an und lächelt mir zu.

Es ist ein junger Mann noch. Er kommt die Stufen zum Eingang wieder herunter, die er inzwischen erklommen hat. Nun rutscht mir doch das Herz in die Hose. Ich falle auf die Knie und beuge mich tief vor dem hohen Herrn. Da geschieht etwas Seltsames:

Der hohe Herr kniet sich vor mich, hebt mich an den Schultern an bis ich aufrecht vor ihm knie und erklärt mit freundlicher Stimme:

"Wenn du erwachsen bist, und wir beide nicht vergeben sind, möchte ich, dass du meine Frau wirst."

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