Freitag, 8. April 2022
Lon-Wa-Lha - 14
Anschließend schaut er nach den Mägden, die sich an den Rand der Namkha -Halle- zurückgezogen haben. Sicher interpretiert er das so, dass jeder Gast ein Willkommensgetränk in Händen hält. Jetzt hebt er seine Schale, tunkt einen Finger hinein, verspritzt einen Tropfen auf seinen Norbu -Stein, der seinem Besitzer Glück bringt- und sagt mit fester Stimme:

"Chime Shita Jin Tsering Kyi Lobsang Tenzin Gonpo ra Lea. - Unsterbliche Erdgöttin, schenke Lobsang Gonpo und Lea ein langes, glückliches Leben.?

Alle anwesenden Gäste, so auch ich, wiederholen die Worte laut.

Dann setzen wir uns im Schneidersitz an die niedrigen Tische und die Mägde servieren Speisen und Getränke, eine Kapelle spielt mit Trommeln, Flöten und Saiteninstrumenten auf und drei Mägde führen dazu einen Tanz im wilden Takt der Trommeln auf.

Währenddessen unterhalte ich mich angeregt hauptsächlich mit der Mutter meines Liebsten. Der Wandii wirft nur ab und zu eine Bemerkung dazwischen und stellt eine tiefergehende Frage, was mir anzeigt, dass er der Unterhaltung interessiert folgt.

Als nach Mitternacht sich die letzten Gäste verabschieden, reihen wir uns ein und gehen ebenfalls nachhause. Zuhause empfängt uns Kri-kri und meldet Lobi, dass alles in Ordnung sei. Er schickt sie schlafen und wir gehen ebenfalls zu Bett.


--Hochzeit auf dem Dach der Welt--

Nach dem Frühstück, das wir im Bett gegessen haben, wobei Lobi mich teilweise gefüttert hat, erhebt er sich und meint, nach einem ausgiebigen Kuss:

"Ich muss mich anziehen, Liebes. Ich bin gegen Mitternacht wieder zurück. Möchtest du noch etwas liegen bleiben oder dich im Haus umsehen, während ich weg bin?"

"Wenn ich mich umsehen darf, in deiner Abwesenheit..." entgegne ich zwinkernd.

"Aber natürlich, Liebes. Lass dir von Kri-Kri -kleine Eidechse- alles zeigen und auch benennen. So lernst du unsere Sprache schneller und kannst dich bald selbständig unterhalten."

Während er sich nun zurechtmacht, ziehe auch ich mich an. Lobi zeigt mir ein Outfit, das dem Festlichen sehr ähnelt, aber weniger Muster aufweist, gedecktere Farben hat und aus Baumwolle besteht. Nachdem auch ich im Bad fertig bin, betreten wir gemeinsam die Kamkha -Wohnhalle-.

Lobi klatscht in die Hände und wenige Augenblicke später steht Kri-kri mit leicht gesenktem Kopf vor uns. Er sagt etwas in seiner Sprache zu ihr. Sie nickt und wendet sich mir zu.

Zu mir sagt Lobsang nun: "Ich verlasse euch jetzt. Ich habe Kri-kri aufgetragen, sie soll dir alles zeigen und benennen, damit du beginnst unsere Sprache zu lernen."

Er nimmt mich in ihrer Gegenwart in den Arm und küsst mich zum Abschied.

Kri-kri verabschiedet Lobi mit einem Handkuss, macht einen Knicks und führt mit gleicher Bewegung seine Hand an ihre Stirn. Er streicht ihr über die Wange und berührt mit dem Daumen ihre Augenbraue, dann dreht er sich um und verlässt das Haus.

*

Kri-kri hat einen Eimer Wasser in der Hand und einen Moment abgestellt. Nun nimmt sie graues Pulver, streut es auf den Teppich und bürstet es ein, während sie sich auf alle Viere niedergelassen hat. Dann schüttet sie Wasser darüber und reibt mit einem groben Tuch die Stelle bis das Tuch schwarz und die Stelle sauber scheint. Ich stehe dabei und beobachte sie. Was sie da tut, kommt mir sehr fremd vor. Ich nähere mich ihr und sie sieht von ihrer Arbeit auf. Sie schaut in die Runde und entscheidet wohl, dass dies die schmutzigste Stelle des Teppichs gewesen sei. Denn nun erhebt sie sich, wendet sich mir zu, senkt ihren Blick und macht vor mir einen Knicks.

"Tsomo, Tonpa Mawe Totsi -Herrin, ich lehre dich unsere Sprache ein klein wenig-," sagt sie zu mir.

Ich schaue sie nun verständnislos an. Sie nimmt meine Hand, führt sie an ihre Stirn und zieht mich mit sich. An den Wandteppichen bleibt sie mit mir stehen und deutet auf verschiedene Bildmuster.

Zu einer Eidechse sagt sie: "Kri-Kri."
Dann deutet sie auf mich.
Ich wiederhole: "Kri-Kri."

Sie wiederholt sich wieder und ich muss versuchen, die Laute genauso zu formen, wie sie es macht.

Dann lächelt sie und zeigt auf einen kleinen Affen: "My-Ling."

Sie deutet auf eine Rose: "Lon-Wa."

Zu einem grauen Nagetier sagte sie: "Tsi-Tsi."

Als wir die Halle einmal umrundet haben, deutet sie in großer Geste in die Halle hinein und sagt: "Nam-Kha," was sicher "Großer Raum, Halle" bedeutet.

Dann umrunden wir die Halle noch einmal. Diesmal deutet sie nur auf die Bilder, schaut mich dabei erwartungsvoll an und lässt mich die Namen der Tiere und Pflanzen aussprechen. Oft ist sie dabei nicht zufrieden, spricht mir die Wörter noch einmal vor und lässt sie mich nachsprechen. Bei der dritten Runde mache ich nur noch wenig Fehler. Dann fasst Kri-kri meine Kleidungsstücke an und spricht mir die Bezeichnungen vor.

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