Montag, 8. Juli 2024
Eine neue Hoffnung -19
"Haben Sie Unterlagen über den Mann?" fragt der Beamte.

"Ja, kommen Sie eben zum Schreibtisch," erkläre ich und erhebe mich.

Der Beamte folgt mir an den Schreibtisch. Dort rufe ich die Übersicht unserer 'Kunden' auf den Bildschirm und starte die Suchfunktion. Dann frage ich den Polizisten:

"Ist er das? Sie haben doch die Unterschrift auf dem Brief."

"Kann ich die Datei haben?" fragt er.

Ich lasse nun das Stammblatt mit allen Einträgen ausdrucken und übergebe es ihm. Dann frage ich:

"Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?"

Er nickt und schiebt den Ausdruck in seine Mappe.

"Ich würde Ihnen raten, ein paar Tage zuhause zu bleiben, oder aus Berlin wegzugehen. Vielleicht zu Ihrem Vater."

"Ich werde darüber nachdenken," verspreche ich. "Haben Sie vielen Dank!"

Er geht zur Tür und nickt mir zu.

"Auf Wiedersehen." Und zu Ashok gewandt: "Wir sprechen uns noch!"

Inzwischen ist Feierabend. Draußen auf dem Gang ist Unruhe, wie jeden Tag zu dieser Zeit. Ashok wendet sich mir zu und meint:

"Du solltest deinen Wagen stehen lassen! Wir verlassen das Gebäude über den Hinterausgang und gehen in eine Nebenstraße. Dort rufst du ein Taxi für die Heimfahrt."

"Aber warum denn?" frage ich verständnislos.

"Jemand hat sich während des Tages an deinem Auto zu schaffen gemacht. Es könnte vielleicht explodieren, wenn wir drinsitzen!"

"Woher weißt du das?" frage ich nun empört. "Sag' nicht, du hast meditiert! Erfährt man dabei so etwas?"

Ashok nickt mit ernstem Gesicht.

"Mit Meditation lässt sich vieles erreichen," erklärt er. "Im Internet steht, dass Meditation inzwischen in die westliche Medizin Einzug gehalten hat. Man wird damit ruhiger, gelassener, heißt es dort. Das stimmt auch, aber wenn man in eine tiefe Meditation geht, wenn man es schafft sich soweit 'fallenzulassen', dann kann man quasi neben sich treten und in der Umgebung umherwandern. Man kann sehen, was andere machen, aber nicht eingreifen.
Einige wenige kommen im Verlauf der Meditation mit Prana in Kontakt. So nennen wir die Lebenskraft, die alles durchdringt. Wir können sie wie Wellen sehen, die uns umwabern. Für mich sind sie bunt. Sanfte Gemüter lassen sie pastellfarben aussehen. Aggressive Gemüter leuchten rot zum Beispiel."

Meine Augen sind bei seinen Ausführungen immer größer geworden. Ich will mehr darüber wissen. Er aber schüttelt den Kopf.

"Lass uns jetzt gehen. Ich erzähle dir in Ruhe gerne mehr."

Also nehmen wir ein Taxi für die Heimfahrt. Bevor das Taxi in die Straße einbiegt, in der ich wohne, will Ashok aussteigen. Ich zahle also und führe Ashok auf seinen Wunsch hin zum Hintereingang des Hauses, den man von der Parallelstraße aus über einen Spielplatz erreichen kann.

Anschließend lege ich einen leeren Koffer auf mein Bett und beginne, einige ausgewählte Kleidungsstücke, sowie meine Unterwäsche und Hygieneartikel einzupacken.

Dabei kann ich nicht anders, als den Gedanken laut auszusprechen, der mir gerade durch den Kopf geht.

"Ich mag es nicht, mich zu verstecken!"

... link (0 Kommentare)   ... comment