Donnerstag, 21. Januar 2021
Yamato Nadeshiko -15-
- HAGENHOLT -

Fasziniert stehe ich in einem nordfriesischen Museum. Hier liegt der Schwerpunkt auf dem Untergang des Städtchens Rungholt in einer großen Sturmflut. Die ‚Grote Mandränke‘ ist Rungholt am 16. Januar 1362 zum Verhängnis geworden.

Die Reste liegen noch immer im Watt zwischen der Insel Pellworm und der Halbinsel Nordstrand begraben. Manchmal gibt die Nordsee bei Ebbe das eine oder andere Relikt frei. Einige dieser Funde kann ich hier in dem Museum bestaunen.

*

Mein Name ist Harold Schmidt. Ich habe mich entschlossen meine Japanisch-Kenntnisse wieder aufzufrischen, indem ich meinen dreiwöchigen Urlaub in der Präfektur Kyoto verbringe. In der Stadt selbst hat einmal ein Geschäftspartner der Firma, für die ich arbeite, seinen Sitz gehabt. Aus irgendeinem Grund ist die Tanaka Automotive Group verkauft worden und der neue Besitzer hat die Firmenbestandteile einzeln weiterverkauft.

Ich fahre zu dem alten Firmensitz und erkundige mich dort höflich. Nach einigen Recherchen komme ich mit einem alten Mann in Kontakt, den ich spontan in ein nahes Restaurant einlade, um mehr zu erfahren.

„Irasshaimaseeeee -Willkommen-,“ flötet die Mitarbeiterin am Eingang und verbeugt sich vor uns.

Ich schaue mich um, ob wir uns möglicherweise in eine Warteliste eintragen müssen, aber da fragt die Mitarbeiterin schon:

„Nan mei sama des ka -Wieviele Personen-?“

Ich antworte, sie höflich anlächelnd:
„Futari desu -Zwei Personen-.“

Nun kommt schon ihre nächste Frage:
„Kitsuen seki desu ka -Möchten Sie einen Platz im Raucherbereich-?“

Ich wende mich zu meinem Begleiter um. Dieser winkt lächelnd ab, indem er mit der erhobenen gestreckten Hand wedelt. Also sage ich:

„Kinen seki desu -Nichtraucher bitte-!“

Mit einer Handbewegung werden wir aufgefordert, ihr zu folgen. An einem kleinen freien Tisch meint sie:

„Kochira e douzo -Bitte setzen Sie sich hier-.“

Nun erhalten wir die Speisekarte mit den Worten überreicht:

„Menyuu ni narimasu -Hier ist das Menü-!“

Höflich bedanke ich mich:
„Arigatou gozaimasu -Vielen Dank-!“ und verbeuge mich leicht in ihre Richtung. Dabei frage ich:

„Ohiya onegai shimasu -Kann ich bitte Wasser haben-?“

Die Bedienung bringt für uns beide nun ein Schälchen Wasser und je ein Gästetuch. Dabei fragt sie:

„Onomi mono wa -Was möchten Sie trinken-?“

Wieder wende ich mich an meine Begleitung und bestelle dann:

„Ippai Biiru, kudasai -Für jeden ein Glas Bier, bitte-!“

Als sie uns das Bier an den Tisch bringt, bestellen wir unser Essen. Die Bedienung wiederholt die Bestellung und sagt, als ich nicke:

„Hai, shoushou omachi kudasai -Okay, bitte warten Sie-.“

Anschließend spreche ich den alten Mann auf mein Anliegen an. Er kann berichten, dass Tanaka-San, der Präsident der Gesellschaft, die Firma verkauft hat, um mit dem Geld den Prototyp einer künstlichen Insel zu erstehen. Die Werft in der Hafenstadt Maizuru, hier in der Präfektur Kyoto, hat die Insel entwickelt, um den Menschen auf Fitschi und anderen Inselstaaten im Pazifik die Möglichkeit zu geben weiterhin in ihrer Heimat zu wohnen, statt emigrieren zu müssen, wenn das Wasser steigt.

Was der Mann zu erzählen hat, ist für mich höchst interessant. Um mehr darüber zu erfahren, müsste ich nach Maizuru fahren, zwei Stunden von Kyoto entfernt, meint er und nennt mir die Amatsuka Werft Corporation. Wir reden noch über belanglose Dinge, dann haben wir unser Essen beendet. Ich lasse die Rechnung kommen und bezahle sie an der Kasse am Ausgang. Danach bedanke ich mich bei dem Personal des Restaurants und bei dem alten Mann für seine Informationen.

Mit einem Taxi lasse ich mich zum Bahnhof fahren und erkundige mich dort nach einer Verbindung in die genannte Hafenstadt. Anschließend warte ich im Bahnhof auf die Abfahrt und besteige den Zug nach der Einfahrt. In Maizuru lasse ich mich mit einem Taxi zum Werftgelände an die Küste fahren. Dort frage ich, ob man weiß, wie ich mit Tanaka-San auf dem Prototyp ihrer künstlichen Inseln in Verbindung treten kann.

Ich werde weitergereicht und muss schließlich einem Angestellten im höheren Management den Grund meiner Recherche nennen. Ich sage, dass ich früher mit der Firma Tanaka Automotive Group in Geschäftsbeziehungen gestanden habe und aktuell eine Japanreise unternehme. Nun habe ich vor, meinem Geschäftspartner im Rahmen der Reise einen Höflichkeitsbesuch abzustatten.

Mein Gegenüber nickt lächelnd und fragt, ob ich schon eine Unterkunft hätte. Diese Frage muss ich verneinen. Er bietet mir nun an, sich mit Tanaka-San in Verbindung zu setzen. In der Zwischenzeit könne ich gerne die Firmenprospekte der Werft durchstöbern. Sobald er eine Antwort hat, würde er mich informieren.

*

Nachdem ich mir einen Becher heißen Tee aus einem Automaten gezogen habe, setze ich mich in den Wartebereich. Etwa eine Viertelstunde später kommt mein Gesprächspartner von vorhin lächelnd auf mich zu, verbeugt sich höflich und erklärt:

„Ich habe meinen Kontaktmann in der Firma Tanaka Automotive erreicht. Er hat in der Geschäftsleitung nachgefragt und mir danach versichert, dass man Sie abholen wird, verehrter Schmidt-San. Sie müssen sich etwas gedulden, bis das Fahrzeug angekommen ist. Darf ich Sie in der Zwischenzeit in die Kantine führen?“

Ich nicke lächelnd und bestätige ihm, dass ich gerne etwas essen möchte. Inzwischen dämmert es schon. Irgendwann werden zwei Männer in die Kantine geführt. Einen der Beiden kenne ich. Es ist der Ingenieur Morishita-San, mein Kontaktmann bei Tanaka Automotive Group. Er stellt mir bei der herzlichen Begrüßung seinen Begleiter als den Piloten vor, der uns zur Insel bringt.

Wir verlassen das Gebäude. Auf der Freifläche sehe ich einen Quadrokopter stehen. Solche Geräte werden in Deutschland schon vereinzelt eingesetzt, um Fluggäste vom Terminal zum Hotel zu bringen. Gespannt steige ich ein und Morishita-San weist mich in den Gebrauch der Hosenträger-Gurte und des Kommunikationshelmes ein.

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