Donnerstag, 1. August 2024
Eine neue Hoffnung -27
Ich beginne schon einmal das Geschirr und Besteck einzusammeln. Zwischendurch hebe ich den Blick, um zu sehen was Ashok gerade macht. Plötzlich breitet er die Arme aus und fällt vornüber ins Gras. Ist ihm eine Wurzel oder etwas ähnliches zum Verhängnis geworden? Er bewegt sich kurz und bleibt dann auf dem Bauch liegen.

Besorgt springe ich auf und laufe zu ihm. Schon von unterwegs rufe ich ihm zu:

"Ashok! Ashok, ist alles in Ordnung?"

Mein Herz ist 'in die Hose gerutscht'. Ich habe Angst, dass ihm etwas passiert sein könnte. Bei ihm angekommen, knie ich mich neben ihn und drehe ihn auf den Rücken. Lachend greift er nach mir und zieht mich zu sich herunter. Leicht verärgert rolle ich mich weg. Er macht die Rolle mit und so wälzen wir uns wie zwei Kinder lachend im Gras. Auf ihm liegend kommen wir schließlich atemlos zur Ruhe.

Ich stemme mich hoch und schaue in sein glückliches Gesicht. Irgendwie fühle ich mich wie damals, als ich im Alter von zwölf Jahren für einen Jungen geschwärmt habe. Ashok hat es geschafft, mein rationales Gedankenkonstrukt zu durchbrechen, das meine Gefühle eingesperrt gehalten hat. Ich beuge mich zu ihm hinunter und küsse ihn auf die Stirn. Dann springe ich auf und laufe mit wehenden Haaren lachend zum Korb auf der Folie zurück.

Er rappelt sich auf und folgt mir. Beim Picknick-Korb erreicht er mich. Nun umfasst er meine Schultern von hinten und legt seine Wange an meine. Dabei flüstert er:

"Wie gut du riechst!"

Gemeinsam falten wir die Folie und legen sie oben in den Korb. Hand in Hand gehen wir zur Brücke und über sie zu unserer Ferienwohnung zurück. Ich bereite das Abendessen, das Frau Meyer weitestgehend vorbereitet hat, bevor sie für heute Feierabend gemacht hat. Als wir beim Abendessen sitzen, beichtet mir Ashok, meine Hand haltend:

"Seit dem Tag, als du uns damals verlassen hast, gab es nicht einen einzigen Tag, an dem ich nicht an dich gedacht habe. Deshalb bin ich nach Europa gewandert, als mein Sadhu mich ebenfalls zum Sadhu geweiht hat. Nun, da ich dir wieder nahe bin, schmerzt es sehr. Je näher ich dir bin, desto schlimmer wird es. Bei dem Gedanken, nicht bei dir sein zu können, kann ich nicht atmen. Ich werde verfolgt von dem Kuss, den du mir nie hättest geben sollen, wie du gesagt hast. Mein Herz schlägt schneller, in der Hoffnung, dass dieser Kuss keine Narbe hinterlassen wird."

Während er spricht, rückt er näher an mich heran. Ich winde mich innerlich wie äußerlich. Er sieht es und fragt:

"Was kann ich tun? Ich werde alles tun, worum du mich bittest!"

Ihn offen anschauend, sage ich:
"Du darfst nichts erzwingen wollen, Lieber! Gib der Liebe Zeit zu wachsen. Es ist nicht einfach! Wir leben in einer harten Welt. Du bist ein heiliger Mann, ein Erleuchteter. Ich bin Geschäftsführerin eines Unternehmens der Bankenbranche. Wenn du deine Gedanken ganz zu Ende denkst, dann führen sie uns zu einem Ort, an den wir vielleicht nicht gehen sollten... Unabhängig davon, was wir füreinander empfinden."

"Dann empfindest du genauso?" fragt er.

Meine Miene, mit der ich ihn jetzt ansehe, zeigt meine zwiegespaltene Seele. Er ergänzt:

"Du verlangst von mir, vernünftig zu sein. Das kann ich in deiner Nähe nicht!"

Er schaut mich flehend an. Auch mein Herz flüstert mir zu, mich gehen zu lassen, mich nicht weiter zu sperren.

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