Montag, 29. Juli 2024
Eine neue Hoffnung -26
Wieder nehmen wir den Rundweg am Ufer des Bodensees entlang. An einer Wiese, die zum Wasser hin leicht abschüssig ist, verlässt sie den Rundweg und setzt den Korb ins Gras. Sie gibt mir die Folie, damit ich sie zwischen uns ausbreite. Anschließend nimmt sie den Korb wieder auf und betritt die Folie, um den Korb hier in die Mitte zu platzieren.

"Komm, setzen wir uns," fordert sie mich auf.

Also trete ich zu ihr auf die Folie, den Korb zwischen uns. Leni fragt mich, welches Brötchen ich mag. Sie gibt es mir. Ich bin erstaunt, dass sie mich bedient. Höflich warte ich, bis auch sie sich bedient hat.

Im folgenden Smalltalk fragt sie mich nach meiner Odyssee von Nepal nach Europa. Gern berichte ich ihr einige Anekdoten. Auch ich bin neugierig auf Lenis Leben, nachdem sie wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist. Sie berichtet mir einige Begebenheiten aus der Schule, vom Abschlussball, ihrer Ausbildung danach und der Zeit an der Seite ihres Vaters in dessen Firma. Ich höre ihr aufmerksam zu. Innerlich warte ich dabei auf eine Gelegenheit, den kleinen Jungen in mir heraus zu lassen.

*

Ich habe mir gedacht, es ist nicht richtig, wie wir nach dem doch von mir selbst provozierten Kuss miteinander umgehen. Ich möchte mich bei Ashok entschuldigen, weiß aber nicht so recht, wie ich anfangen soll. Also lasse ich mir von Frau Meyer einen Picknickkorb zurechtmachen und bitte Ashok, mit mir gemeinsam wieder auf die Mainau zu gehen.

Stumm schlendern wir nebeneinander über den Rundweg am Ufer entlang. Ich suche einen romantischen Flecken auf der Wiese, die bis zum Wasser reicht. In der Nähe von ein paar Bäumen betrete ich schließlich die Wiese und stelle den Korb ins Gras. Dann nehme ich die zusammengefaltete Folie hoch und bitte Ashok, sie hier auszubreiten. Nun setze ich den Korb mitten auf die Folie und lasse mich daneben nieder. Von hier auf den See hinauszuschauen, ist wunderschön.

"Komm, setzen wir uns," fordere ich meinen Begleiter auf.

Er kommt zu mir auf die Folie und lässt sich auf der anderen Seite des Korbes nieder. Wie selbstverständlich bediene ich ihn. Er wartet, bis auch ich mir etwas aus dem Korb genommen habe, bevor er zu essen beginnt.

Nach einer Weile beginne ich den Small Talk, damit wir nicht stumm nebeneinandersitzen. Ich frage ihn nach Erlebnissen während seiner langen Wanderung nach Europa und er beginnt frei von einigen Anekdoten zu erzählen. Hier und da muss ich lachen. Die Stimmung wird gelöster. Schließlich entschuldige ich mich wegen meiner abweisenden Haltung nach dem Kuss auf dem Balkon.

Neugierig fragt er jetzt, was ich in den Jahren seit meiner Abreise bei den Tharu in Nepal hier in Deutschland erlebt habe. Ich erzähle nun von meiner Schulzeit und dem Abschlussball, danach von meiner Ausbildung und der Zeit an der Seite meines Vaters in unserer Firma. Er hört mir aufmerksam zu.

Nun ist der Picknick-Korb fast leer. Plötzlich erhebt sich Ashok mit einem Lächeln im Gesicht und läuft in Richtung Ufer davon. Ich schüttele über diese spontane Aktion den Kopf und lächele in mich hinein. Wieder einmal einer dieser kindlichen Ideen, Flausen, die ich an ihm so liebe.

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