Donnerstag, 11. Juli 2024
Eine neue Hoffnung -20
"Die Polizei wird sicher bald die Schuldigen verhaftet haben," versucht Ashok mich zu beruhigen.

"Ich bin jetzt drei Jahre die Nachfolgerin meines Vaters in der Geschäftsführung... Und nun soll ich mich wegducken?"

Mein Schock löst sich langsam und macht einer gewissen Erregung Platz.

"Manchmal müssen wir loslassen und tun, was von uns verlangt wird," antwortet er mir darauf mit sanfter Stimme.

Dabei schaut er mich voller Zuneigung an. Das Kleid, das ich gerade aus dem Schrank genommen habe, lege ich vorsichtig im Koffer ab. Sein Blick verwirrt mich wieder. Gefühle melden sich. Ich richte mich auf und wende mich ihm zu.

"Ashok," spreche ich ihn an.

Er schaut mich direkt an. Ich schüttele leicht den Kopf und wende meinen Blick von ihm ab.

"Bitte, Ashok!" flüstere ich. "Sieh' mich nicht so an!"

"Warum nicht?" fragt er.

"Es ist mir irgendwie unangenehm!" gebe ich zu.

Er hebt die gefalteten Hände an sein Kinn und neigt mir den Kopf mit einem feinen Lächeln leicht zu.

"Entschuldigung, verehrte Frau Mrachartz!"

Endlich kann ich den Koffer schließen. Ashok hebt den Koffer vom Bett. Ich lasse es gerne zu, dass er ihn trägt. Anschließend rufe ich wieder ein Taxi und wir gehen ihm in die Parallelstraße entgegen.

"Fahren Sie bitte zum Hauptbahnhof."

"Sehr wohl, werte Dame!" antwortet der Mann.

Wir nehmen auf der Fond-Sitzbank Platz. Als der Mann abgefahren ist, lege ich meinen Kopf an Ashoks Schulter und flüstere:

"Auf einmal habe ich Angst!"

"Keine Sorge, meine Apsara -Fee, Engel-. Es wird schon schiefgehen!"

Ich wende ihm meinen Blick zu, sehe ihn lächeln und lache befreit auf. Mit neuem Mut harre ich der Dinge, die noch kommen werden.

*

Eine halbe Stunde sind wir im Bahnhof und buchen den Nachtzug nach Nürnberg. Dort wechseln wir nach zwei Stunden Wartezeit in den Zug nach Immenstadt. Nach einer Wartezeit von einer Viertelstunde erreichen wir nach weiterem Umsteigen acht Minuten später Sonthofen, von wo wir nach 15 Minuten Bad Hindelang mit dem Bus erreichen.

Hier kenne ich mich aus. Ich habe meinen Vater hier im Allgäu schon oft besucht. Also gehen wir den Weg vom Busbahnhof zu Fuß. Das Städtchen hat eine sympathische Altstadt mit engen Gassen. Wir durchschreiten einen gemauerten Bogen, in dem im Mittelalter ein schweres eichenes Tor gewesen sein muss. Kurz darauf erreichen wir den Altbau, den mein Vater als sein Altenteil gekauft hat.

In dem Moment öffnet sich die Haustür und zwei junge Mädchen, vier und sechs Jahre alt, stürmen die kurze Treppe herunter. Sie laufen mir in die Arme und rufen erfreut:

"Tante Leni!"

Dann umgehen sie uns und laufen auf den kleinen Spielplatz mit Schaukel, Wippe und einen Sandkasten auf der anderen Seite der Gasse, eingeklemmt zwischen zwei Häusern.

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