Samstag, 29. Juni 2024
Eine neue Hoffnung -16
Ich schaue mich kurz um und führe Ashok an einen freien Tisch. Bald stoppt eine Bedienung auf ihren Disco-Rollern vor unserem Tisch und fragt nach unseren Wünschen. Ich frage meinen Begleiter und bestelle dann verschiedene alkoholfreie Drinks, die Minuten später vor uns stehen. In den vergangenen Tagen habe ich mir diesen Club ausgesucht, weil ich ihn einmal testen wollte.

Seit meine Eltern sich auf ihr 'Altenteil' in der Nähe des Bodensees auf bayrischer Seite zurückgezogen haben, bin ich so ziemlich in jedem Club der Großstadt gewesen. In den Meisten davon nur ein einziges Mal. Mich beschleicht ein Gefühl, als ob ich hier auch nicht alt werden würde. Die Musik hier reißt Einen nicht vom Hocker. Die rollende Bedienung lässt mich schmunzeln, reißt die Sache aber auch nicht 'raus.

Als wir unsere Gläser geleert haben, hier muss man sofort bezahlen, erheben wir uns und wollen gehen. Leider werden wir von zwielichtigem Gesindel daran gehindert. Plötzlich stehen zwei Männer hinter uns und zeigen uns verdeckt, dass sie Messer in der Hand halten. Sie beugen unsere Arme auf den Rücken und dirigieren uns quer über die Tanzfläche in Richtung der Toiletten.

Mit panischer Miene lasse ich es zu. Ich bin so geschockt, dass ich keinen Ton herausbringe. Der Mann, der mich hält, dirigiert mich vor Ashok. Da bekomme ich einen harten Stoß in den Rücken. Der Mann hat mich losgelassen und ich stolpere nach vorn. Ich stoße einen Schrei aus und drehe mich an der Toilettentür um. Mit erschreckt aufgerissenen Augen und Mund schaue ich auf die Tanzfläche, über die wir gerade geführt worden sind.

Beide Angreifer liegen auf dem Boden und Ashok steht über ihnen. Messer kann ich keine mehr sehen. Einer der Männer bäumt sich noch einmal auf, lässt sich dann aber wieder auf den Boden zurücksinken, wo er sich zu drehen beginnt. Ashok hat mich inzwischen erreicht und führt mich aus dem Etablissement heraus. Die anderen Gäste tun auffällig unbeteiligt.

Draußen führt er mich zu meinem Wagen und ich fahre vom Parkplatz herunter, fädele mich in den Verkehr ein und bald sind wir wieder zurück in meiner Wohnung. Ich zittere am ganzen Körper. Ashok lässt mich in meinem Sessel Platz nehmen. Er fragt mich mit sanfter Stimme, ob ich schon einmal in diesem Club gewesen bin. Natürlich verneine ich die Frage. Auch die Frage, ob ich die Angreifer kenne, muss ich verneinen. Dann fragt er, ob ich mich in der Lage sehe, schlafen zu gehen. Ich sage mit leiser Stimme nur:

"Bitte bleib bei mir in der Nacht..."

Er hilft mir aus dem Sessel hoch und ich dirigiere ihn in Richtung Schlafzimmer, während er mich stützt. Dort krieche ich angezogen unter die Decke. Ich habe nur meine Schuhe abgestreift. Dann halte ich ihm den Zipfel der Bettdecke hoch und bitte mit immer noch leiser Stimme:

"Bitte komm zu mir!"

Ashok zieht sich Schuhe und Strümpfe aus und legt sich neben mich. Ich wende ihm den Rücken zu. Er legt sanft seine Hand auf meine obenliegende Schulter und beginnt einen längeren indischen Text zu rezitieren. Irgendwann bin ich darüber eingeschlafen.

*

Am Morgen darauf machen wir uns frisch und frühstücken gemeinsam. Dann frage ich Ashok:

"Ich muss jetzt losfahren zur Arbeit. Kann ich dich irgendwo absetzen?"

"Ich habe keine feste Wohnung," erklärt er mir. "Außerdem bin ich in Sorge um dich! Kann ich dich nicht auf deine Arbeit begleiten und dich beschützen, wenn es nötig werden sollte?"

"Ja," meine ich, "aber ich habe erst um 16:30 Feierabend. Wird es dir da nicht langweilig? Was machst du während der ganzen Zeit?"

"Ich komme mit in dein Büro. Und wenn du gerade nichts zu tun hast, erklärst du mir, mit was ihr handelt, womit deine Firma Gewinn macht. Ist dann immer noch Zeit, meditiere ich."

"Okayy," ziehe ich die Antwort lang. "Dann folge mir zum Auto."

Wir gehen nun nebeneinander in die Garage im Erdgeschoß und setzen uns ins Auto. Ich starte den Wagen und betätige die Fernsteuerung für das Garagentor. Es lässt uns durch und schließt sich danach wieder. Ashok schließt während der Fahrt die Augen.

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