Sonntag, 2. Juni 2024
Eine neue Hoffnung -07
"Ashok Gurun, Lady," antwortet er schüchtern.

"Hi Ashok, please, show me your master! I want to speak with him."

Er tritt nun auch auf den Wall, der die Reisfelder voneinander abgrenzt. Sofort kommt ein Mann herbei. Es entspannt sich ein Wortgefecht zwischen den Beiden, von dem ich kein Wort verstehe. Nur einmal scheine ich den Begriff ‚Apsara‘ heraushören zu können. Schließlich lässt er den Jungen mit uns gehen. Ashok führt uns zu einer Hütte aus Backsteinwänden und Wellblechdach. Der Junge geht hinein und kommt kurz darauf mit einem Mann heraus, der eine traditionelle weite weiße Männerhose trägt und darüber ein besticktes buntes Longshirt. Er setzt sich auf einen Hocker neben dem Eingang und bietet uns an, uns zu setzen.

Der Mönch lässt sich vor ihm im Schneidersitz nieder und wir tun Gleiches. Dann bitte ich den Mönch, dass er übersetzt. Anschließend frage ich den Gläubiger der Familie des Jungen, wieviel Rupien er braucht, um dem Jungen die Freiheit zu geben. Der Mann entblößt seine Zähne zu einem breiten Lächeln und erklärt, dass er dafür 70.000 Nepalesische Rupien haben will. Ich lächele und erkläre, dass sei zu viel. Ich würde ihm 35.000 Rupien bieten. Nun meint er, dass das zu wenig sei. Er lacht dabei über das ganze Gesicht. Ich meine:

"Kommen Sie, machen Sie mir ein besseres Angebot. Bedenken Sie, was es bedeutet, das ganze Geld auf einen Schlag in der Hand zu haben, statt in kleinen monatlichen Raten. Auch brauchen Sie dann nicht mehr für Ashoks Ernährung und Kleidung aufkommen. Rechnen Sie sich aus, was Sie dadurch sparen, statt Ashok bis zu seinem Lebensende zu versorgen."

Nun sagt er: "Okay, 55.000 Rupien."

Ich schüttele den Kopf und entgegne ihm:
"Sie sind ein harter Verhandler! Rechnen Sie sich doch wirklich einmal die Ersparnis aus, wenn sie Ashok heute in die Freiheit entlassen. Ich gebe Ihnen 42.000 Rupien. Damit können Sie zufrieden sein."

Der Herr überlegt, dann reduziert er auf 50.000. Ich schüttele lächelnd den Kopf und meine:

"Mein letztes Angebot sind 45.000 Rupien! Kommen Sie, schlagen Sie ein."

Er zeigt ein Pokerface, wartet eine ganze Weile und korrigiert dann auf 48.000 Rupien. Schließlich einigen wir uns auf die Mitte und ich zahle ihn 46.500 Rupien aus. Ashok bekommt große Augen. Er beugt sich vor und will seine Lippen auf meine Füße drücken, während wir uns lächelnd erheben. Wir heben die gefalteten Hände ans Kinn und verabschieden uns. Ich beuge mich zu dem Jungen hinunter und ziehe ihn auf seine Füße.

Auf dem Rückweg zu unserer Gastfamilie, fragt Frau Müller:

"Du bist ja die geborene Verhandlerin! Hast du das von deinem Vater? Was passiert nun mit dem Restgeld?"

"Hm," meine ich, "wer von den Mittschülern das Geld braucht, kann seinen Anteil zurückerhalten. Den Rest spende ich der Organisation, die die Tharu hier betreut, wenn das okay ist."

Die gleiche Frage stelle ich später meinen Mitschülern. Sie sind einverstanden, das Geld zu spenden. Dann wende ich mich an den Mönch und den Jungen. Ich biete Ashok an, von jetzt an den Mönch zu begleiten und alles von ihm zu lernen, was dieser an Wissen vermitteln kann. Freudig verabschiedet sich der Junge von uns und schaut den Mönch an.

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