Donnerstag, 14. September 2023
Ein südafrikanischer Traum -01
Mein Name ist Lindiwe. Mein Clan nennt sich '!Ammaqua'. Wir gehören zur Volksgruppe der Khoikhoi -wahre Menschen- im Süden Afrikas. Ich bin inzwischen 16 Jahre alt und habe seitdem ich meine Periode regelmäßig bekomme auch eine Stimme im Rat unseres Clans. Auch könnte ich eine Familie gründen. Das geht bei uns recht einfach:

Ich lege mich schlafen und ein junger Mann, dem ich gefalle, legt sich zum Schlafen neben mich. Akzeptiere ich dessen Nähe, gelten wir als Paar. Erhebe ich mich allerdings, um mir einen anderen Schlafplatz zu suchen, habe ich den jungen Mann abgelehnt. Nun schlafe ich seit je her neben meiner Mama, wodurch die jungen Männer abgeschreckt werden.

Ich mache das, weil ich mich nicht bereitfühle, eine Beziehung einzugehen und Kinder zu bekommen. Genauso, wie ich im Rat unseres Clans sprechen kann, gehe ich auch auf die Jagd, wie die Männer, und bin darin genauso erfolgreich.

Wir leben gemeinsam mit den Tieren in einer kargen Landschaft. Dadurch ergibt sich oft eine besondere Nähe zu ihnen, so dass wir ihre Stimmungen erahnen können. Manche Whites, die uns besuchen, gewinnen mit der Zeit den Eindruck, dass wir mit den Tieren sprechen könnten. Das stimmt nur zum Teil: Wir sprechen allenfalls mit den Augen und richten unser Verhalten nach den Stimmungen der Tiere.

Oft sucht mich ein besonderer Traum des Nachts im Schlaf heim. Die anderen Clan-Mitglieder halten mich für die Manifestation von Coti, der Frau von Cagn, und damit einer starken Göttin der Khoikhoi. Da ich nicht schreiben kann, will ich euch gerne von meinen Träumen berichten:

Oft sehe ich einen ganz bestimmten White darin. Er hat schwarze Haare und mandelförmige Augen, wie wir. Aber seine Haare sind glatt wie die, der Whites, und seine Hautfarbe ist so hell wie ihre. Er lebt eine Zeitlang bei uns und tippt auf einem schwarzen Brett herum, nachdem er Beobachtungen bei uns gemacht hat.

Er lässt sich von mir über unser Leben berichten und interessiert sich für unsere Sprache. Da ich neugierig bin, will ich von ihm das jeweils entsprechende Wort in seiner Sprache wissen. Anfangs empfinde ich seine Sprache als schwierig auszusprechen, aber ihm geht es genauso mit der Sprache der Khoikhoi.

Meine Mutter ist der Überzeugung, dass es diesen fremden Menschen tatsächlich geben muss und dass ich eine spirituelle Verbindung zu ihm habe. Sicher wird diese Verbindung ihn irgendwann zu unserem Clan führen, so dass ich ihn kennenlernen kann.

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