Montag, 16. Mai 2022
Lon-Wa-Lha - 34
Das Thema Waschen:

Wenn das Wasser in der Waschküche kocht, es in ein leeres Waschbecken einlaufen lassen und etwas kaltes Wasser zugeben. Geriebene Seife dazugeben und die gesammelte Schmutzwäsche. Dann mit einem Holz von Hand rühren bis der Arm lahm wird. Die Frauen früher und jetzt hier müssen starke Muskeln haben! Die Waschbecken sind gemauerte Würfel von siebzig Zentimeter Kantenlänge, oben offen. Gut, dass es hier fließendes Wasser in jedem Haushalt gibt. Ausgewrungen wird immer zu zweit, obwohl Kri-kri mir gezeigt hat, dass es auch alleine machbar ist, wenn man einen Wandhaken zum Gegenhalten benutzt.

Eingerissene Kleidungsstücke oder Heimtextilien, abgerissene Assessoirs, wie Knöpfe oder aufgenähte Bänder oder schadhafte Stickereien sind hier kein Grund, die Kleidung weg zu werfen. Die Sachen werden aufwendig und liebevoll repariert! Schmutzige Teppiche werden mit Asche erst richtig dreckig gemacht und dann mit viel Wasser ausgespült, statt sie zu staubsaugen.

Als dann Kri-kri mit Leas mp3-Player kommt und Musik zum Tanzen abspielt, staunt sie nicht schlecht. Erst tanzt sie mir etwas vor, während ich lächelnd Aufwärmübungen mache, dann zeige ich ihr, was ich in Irland gelernt habe. Dieser Programmpunkt ist also schnell abgehakt.

Dann zeigt sie mir mit Leas Hilfe, wie man serviert und sich in Gegenwart der Herrschaft bewegt. Auch hier habe ich mich schnell hinein gefunden. Man darf den Lopon oder die Tsomo nie direkt anschauen, wenn man nicht aufgefordert wird. Den Oberkörper muss man möglichst gerade halten. Wenn man dadurch nicht an etwas heran reicht, darf man sich nicht bücken, sondern muss in die Knie gehen. Gegessen wird nach der Herrschaft das, was übrig ist, wenn man nicht dazu aufgefordert wird mit zu essen.

Nach einer Woche intensiven Übens kann ich die Sprache schon ganz gut verstehen, solange einfache Sätze benutzt werden. Nur das Sprechen fällt mir noch schwer. Lea hat mir erzählt, dass sie genauso sprechen lernte, ohne ein Wörterbuch zur Hand zu haben. Dann kommt Wangpoo Dondrup Yügyel dazu und lehrt mich die ersten Ausdrücke aus dem Schneiderei-Handwerk. Ich versuche, ihm gleich von Beginn an zu gefallen, durch Gestik und zurückhaltendes Benehmen.

Dann soll ich in seiner Werkstatt Probe arbeiten. Ich gehe also zu ihm, melde mich mit einem Knicks und werde von ihm nacheinander in alle Produktionsabläufe eingewiesen. Es werden fast nur Auftragsarbeiten gemacht! Wenn ein Kunde kommt, wird er vermessen. Schnitte werden auf seine Maße angepasst, der Stoff wird zugeschnitten und auf mechanischen Nähmaschinen vernäht. Der Stoff wird mit soviel Zugabe zugeschnitten, dass später Änderungen möglich sind.

Wenn der Werkstatt Aufträge fehlen, werden Heimtextilien hergestellt und mit aufwendigen ethnischen Stickereien versehen, die die Eltern eines jungen Mannes meist zu dessen Hausgründung in großen Paketen einkaufen.

Ich frage den Lopon, ob er sich die Wünsche seiner Kunden notiert und daraus einfache Statistiken gewinnt und bin erstaunt, dass er bei jedem Kundenbesuch immer wieder die gleichen Fragen stellt und die Notizen nach dem Abverkauf wegwirft. Ich frage ihn, ob ich die Notizen sammeln darf und erstelle allmählich eine Kundenkartei, aus der Farb- und Mustervorlieben hervorgeht, wie auch die Häufigkeit von gewünschten Kleidungsgrößen, sowie die Häufigkeit der Nachfrage. Dann frage ich den Lopon, ob ich Kleinserien vorfertigen darf, damit die Kunden sich beim ersten Besuch schon etwas aussuchen können oder an Hand der Vorlagen Sonderwünsche vorbringen können, die dann speziell für den Auftrag hergestellt werden.

Wangpoo Dondrup Yügyel lässt sich probeweise darauf ein, weil Lea ihm von meiner Ausbildung in Irland erzählt hat und erntet erstaunte Gesichter bei den Kunden, als er ihnen Kleidungsstücke zeigen kann, die wie für sie genäht aussehen. Nun gibt es nur noch in wenigen Fällen lange Wartezeiten für die Kunden beim Neukauf.

*

Ein Monat ist Beven aus Irland schon bei mir, die mir Tsomo Lea, die Gefährtin von Wangpoo Lobsang Gonpo, vermittelt hat. Ich kann schon absehen, dass die Entscheidung sie in meinen Betrieb zu integrieren, richtig gewesen ist. Es kommen mehr Kunden als früher! Beim gemeinsamen Mittagessen in der Namkha gebe ich ihr vor allen Anwesenden meinen Entschluss bekannt.

?Beven.?

?Ja, mein Lopon??

... link (0 Kommentare)   ... comment