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Samstag, 14. Mai 2022
Lon-Wa-Lha - 33
hermann-jpmt, 11:20h
Danach gehe ich die Treppe hinunter in die Küche und entzünde das Feuer im Herd, das den ganzen Tag nicht ausgehen darf. Ich bereite das Frühstück vor und nachdem alle beisammensitzen, höre ich vom Wangpoo, dass ich mich zwischen meiner Arbeit um Beven kümmern soll.
Zuerst einmal soll sie beginnen, unsere Sprache zu lernen. Die Tsomo sagt auch, dass Beven in den häuslichen Tätigkeiten wie Kochen, Nähen, Waschen, Putzen unterrichtet werden soll. Hinzu kommen Lektionen in Sitte, Manieren und Anstand, wie die Lopons es hier gewohnt sind.
'Also das komplette Programm, das auch ich zu Beginn verinnerlichen musste,' denke ich mir.
*
Als ich mit Lea und Sangmo zum Frühstückstisch komme, begrüßt mich Kri-kri:
"Deleg, mein Lopon. Ich hoffe, du hattest eine wunderbare Nacht! Für wieviele Personen darf ich heute das Frühstück servieren?"
Ich lächele sie an und antworte ihr:
"Deleg, Kri-kri, danke dir. Ich hoffe, deine Nacht war ebenfalls traumhaft."
Kri-kri macht einen leichten Schmollmund.
"Lopon Chungne Dargye zog es vor zu schlafen..."
Lachend nehme ich meine Magd in den Arm.
"Ach, Kri-kri, das wird wieder besser! Bereite das Frühstück heute in der Halle für alle vor."
In dem Moment kommt Lea mit Sangmo aus dem Schlafzimmer. Wir gehen zusammen die Treppe hinunter, nachdem auch Beven zu uns gestoßen ist. Kurz darauf kommt Chungne Dargye hinzu und seine drei Stellvertreter. Lea bittet Beven nun, Kri-kri zu helfen. Zu zweit bringen die Beiden das Frühstück an den Tisch. Dann nehme ich den Krug mit Tee, gieße eine Trinkschale nach der anderen voll und reiche sie rund. Wie wir es gewohnt sind, kommt noch etwas Yak-Milch hinzu. Schließlich hebe ich meine Trinkschale und sage:
"Chime Shita Jin Tsering Kyi Lon-Wa-Lha -Unsterbliche Erdgöttin, schenke Lon-Wa-Lha ein langes, glückliches Leben-."
Während ich ein paar Tropfen Tee über den Norbu schnippe, wiederholen alle anderen den Segensspruch und heben ihre Trinkschalen kurz in Augenhöhe bevor sie einen Schluck nehmen. Damit ist das Frühstück eröffnet.
Nachdem der erste Hunger gestillt ist, spreche ich unseren Gast Beven an.
"Beven, du möchtest also in Lon-Wa-Lha leben?" frage ich sie.
"Ja, äh, wie muss ich dich hier eigentlich anreden, Lobsang?"
"Wie alle hier, mit meinem Titel, Beven. Ich weiß, ich verlange von dir, dass du in ein unbekanntes Gewässer springst und danach erst schwimmen lernst, um nicht unter zu gehen. Wir stellen Kri-kri weitgehend von der Hausarbeit frei, um im Bild zu bleiben: um dir beim Schwimmen lernen zu helfen. Du musst unsere Sprache lernen und all das, was sie vor Jahren lernte, bevor sie zu meinem Vater kam."
Bevens Augenlider flattern ein wenig, als sie nun fragt:
"Was ist das im Einzelnen?"
"Du weißt ja, dass wir hier nicht voll elektrifiziert sind, dass wir das nicht wollen. Also ähnelt die Hausarbeit, derjenigen eurer Urgroßeltern: Vieles wird von Hand gemacht. Das wird Kri-kri dir zeigen und dann weißt du ja von der patriarchalischen Gesellschaftsform hier. Du wirst dich also benehmen und bewegen lernen, wie eine Magd. Du wirst tanzen lernen. Innerhalb einer Woche wirst du nicht perfekt in allem sein können, so dass du Wangpoo Dondrup Yügyel gefällst. Aber er weiß das und wird über Startprobleme hinwegschauen, wenn du dich mit der Zeit steigerst."
"Ich gebe mein Bestes, Wangpoo Lobsang Gonpo!" antwortet sie und ergänzt mit einem Seitenblick auf Lea: "Ich hatte vor ein paar Monaten ein Coming-Out. Ich wurde mir endlich klar, was für einen Typ Mann ich suche und dass ich den in Irland wie die Stecknadel im Heuhaufen suchen müsste. Hier aber finde ich den Typ Mann an jeder Straßenecke."
"Nun, wir haben in Irland auf der Dingle Penninsula einen Ort namens Cuirrarail. Aber ich verstehe schon: Hier lebt deine Freundin. Das ist in etwa so wie bei den deutschen Freundinnen meiner ehrenwerten Mutter," antworte ich lächelnd.
Dann frühstücken wir zu Ende und ich beauftrage meine Männer in der Stadt nach dem Rechten zu sehen, wie an jedem Tag, an dem nichts Besonderes anliegt.
*
Respekt vor unseren Urgroßmüttern! Einen Haushalt mit vielen Köpfen zu führen ohne Gesinde ist schon ein Kunststück gewesen damals, wenn ich das hier sehe. Das Thema Kochen erklärte mir Kri-kri so:
Morgens bei Sonnenaufgang aufstehen und Feuer machen. Feuer im Herd, unter dem Boiler im Bad des Hausherrn und unter dem Boiler in der Waschküche. Vorher schauen, dass die Boiler gefüllt sind und Wasser in die gemauerten Waschbecken einlaufen lassen. Wasser für Tee auf dem Herd kochen und - wenn nötig - Teig bereiten für Fladenbrot. Diesen dann in die Bratröhre schieben und dabei stehen bleiben, damit das Brot nicht schwarz wird. Tee ziehen lassen und Fleisch kochen.
Zuerst einmal soll sie beginnen, unsere Sprache zu lernen. Die Tsomo sagt auch, dass Beven in den häuslichen Tätigkeiten wie Kochen, Nähen, Waschen, Putzen unterrichtet werden soll. Hinzu kommen Lektionen in Sitte, Manieren und Anstand, wie die Lopons es hier gewohnt sind.
'Also das komplette Programm, das auch ich zu Beginn verinnerlichen musste,' denke ich mir.
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Als ich mit Lea und Sangmo zum Frühstückstisch komme, begrüßt mich Kri-kri:
"Deleg, mein Lopon. Ich hoffe, du hattest eine wunderbare Nacht! Für wieviele Personen darf ich heute das Frühstück servieren?"
Ich lächele sie an und antworte ihr:
"Deleg, Kri-kri, danke dir. Ich hoffe, deine Nacht war ebenfalls traumhaft."
Kri-kri macht einen leichten Schmollmund.
"Lopon Chungne Dargye zog es vor zu schlafen..."
Lachend nehme ich meine Magd in den Arm.
"Ach, Kri-kri, das wird wieder besser! Bereite das Frühstück heute in der Halle für alle vor."
In dem Moment kommt Lea mit Sangmo aus dem Schlafzimmer. Wir gehen zusammen die Treppe hinunter, nachdem auch Beven zu uns gestoßen ist. Kurz darauf kommt Chungne Dargye hinzu und seine drei Stellvertreter. Lea bittet Beven nun, Kri-kri zu helfen. Zu zweit bringen die Beiden das Frühstück an den Tisch. Dann nehme ich den Krug mit Tee, gieße eine Trinkschale nach der anderen voll und reiche sie rund. Wie wir es gewohnt sind, kommt noch etwas Yak-Milch hinzu. Schließlich hebe ich meine Trinkschale und sage:
"Chime Shita Jin Tsering Kyi Lon-Wa-Lha -Unsterbliche Erdgöttin, schenke Lon-Wa-Lha ein langes, glückliches Leben-."
Während ich ein paar Tropfen Tee über den Norbu schnippe, wiederholen alle anderen den Segensspruch und heben ihre Trinkschalen kurz in Augenhöhe bevor sie einen Schluck nehmen. Damit ist das Frühstück eröffnet.
Nachdem der erste Hunger gestillt ist, spreche ich unseren Gast Beven an.
"Beven, du möchtest also in Lon-Wa-Lha leben?" frage ich sie.
"Ja, äh, wie muss ich dich hier eigentlich anreden, Lobsang?"
"Wie alle hier, mit meinem Titel, Beven. Ich weiß, ich verlange von dir, dass du in ein unbekanntes Gewässer springst und danach erst schwimmen lernst, um nicht unter zu gehen. Wir stellen Kri-kri weitgehend von der Hausarbeit frei, um im Bild zu bleiben: um dir beim Schwimmen lernen zu helfen. Du musst unsere Sprache lernen und all das, was sie vor Jahren lernte, bevor sie zu meinem Vater kam."
Bevens Augenlider flattern ein wenig, als sie nun fragt:
"Was ist das im Einzelnen?"
"Du weißt ja, dass wir hier nicht voll elektrifiziert sind, dass wir das nicht wollen. Also ähnelt die Hausarbeit, derjenigen eurer Urgroßeltern: Vieles wird von Hand gemacht. Das wird Kri-kri dir zeigen und dann weißt du ja von der patriarchalischen Gesellschaftsform hier. Du wirst dich also benehmen und bewegen lernen, wie eine Magd. Du wirst tanzen lernen. Innerhalb einer Woche wirst du nicht perfekt in allem sein können, so dass du Wangpoo Dondrup Yügyel gefällst. Aber er weiß das und wird über Startprobleme hinwegschauen, wenn du dich mit der Zeit steigerst."
"Ich gebe mein Bestes, Wangpoo Lobsang Gonpo!" antwortet sie und ergänzt mit einem Seitenblick auf Lea: "Ich hatte vor ein paar Monaten ein Coming-Out. Ich wurde mir endlich klar, was für einen Typ Mann ich suche und dass ich den in Irland wie die Stecknadel im Heuhaufen suchen müsste. Hier aber finde ich den Typ Mann an jeder Straßenecke."
"Nun, wir haben in Irland auf der Dingle Penninsula einen Ort namens Cuirrarail. Aber ich verstehe schon: Hier lebt deine Freundin. Das ist in etwa so wie bei den deutschen Freundinnen meiner ehrenwerten Mutter," antworte ich lächelnd.
Dann frühstücken wir zu Ende und ich beauftrage meine Männer in der Stadt nach dem Rechten zu sehen, wie an jedem Tag, an dem nichts Besonderes anliegt.
*
Respekt vor unseren Urgroßmüttern! Einen Haushalt mit vielen Köpfen zu führen ohne Gesinde ist schon ein Kunststück gewesen damals, wenn ich das hier sehe. Das Thema Kochen erklärte mir Kri-kri so:
Morgens bei Sonnenaufgang aufstehen und Feuer machen. Feuer im Herd, unter dem Boiler im Bad des Hausherrn und unter dem Boiler in der Waschküche. Vorher schauen, dass die Boiler gefüllt sind und Wasser in die gemauerten Waschbecken einlaufen lassen. Wasser für Tee auf dem Herd kochen und - wenn nötig - Teig bereiten für Fladenbrot. Diesen dann in die Bratröhre schieben und dabei stehen bleiben, damit das Brot nicht schwarz wird. Tee ziehen lassen und Fleisch kochen.
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