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Freitag, 6. Mai 2022
Lon-Wa-Lha - 29
hermann-jpmt, 11:33h
Mein Name ist Beven O'Connor. Ich stamme wie Lea O'Sullivan aus Cork und bin mit ihr zusammen zur Schule gegangen. Später habe ich in Dublin Modedesign studiert, während Lea ein Studium in Cork angefangen hat. Darüber haben wir uns leider etwas aus den Augen verloren.
Lea hat nach ihrem Studium einen Auslandsstudenten aus Nepal geheiratet. Ich bin zu ihrer Hochzeit in der Grafschaft Kerry eingeladen gewesen. Der Iarla of Chiarraí hat die Zeremonie persönlich geleitet! Das hat mich fasziniert. Vor allem auch, weil die Location mich an Star Wars erinnert hat. Der Graf hat die Filmkulissen, die dem Kloster Skellig Michael nachgebildet wurden, zum Freilichtmuseum für mittelalterliches Brauchtum ausgebaut.
Später habe ich Lea im Himalaya besucht. Ich muss gestehen, dass mich die Lebensart der Leute dort irgendwie fasziniert. Anders als im Westen darf eine Frau dort immer noch eine Frau sein. Sie muss sich nicht in einer Männerwelt durchsetzen, wie hier im Westen.
Zurück in der Heimat versuche ich, mit meinem Freund darüber zu reden. Doch Colin reagiert unwirsch. Er bezeichnet die Menschen im Himalaya als 'Wilde' und die Gesellschaftsform, die wir in Lon-Wa-Lha kennengelernt haben, als 'tiefstes Mittelalter'.
Ich versuche also, das Drumherum auszublenden und nur das Verhältnis der Frauen zu den Männern zu beleuchten. Er erklärt mir aber, dass er kein Interesse hat, Verantwortung für uns Beide zu übernehmen. Seiner Meinung nach ist jeder für sich verantwortlich, jeder hat sein Leben, seinen Beruf, und so soll das seiner Meinung nach auch bleiben.
Ich fühle zunehmend, dass mir etwas fehlt. Gut, ich feiere inzwischen Erfolge mit meinen Kollektionen, seit ich als Modedesignerin arbeite. Mein Einkommen ist sogar höher als Colins. Wir können uns zwei Autos leisten und zwei Urlaube im Jahr. Aber geborgen fühle ich mich in seiner Nähe nicht. Seit ich die Menschen in Lon-Wa-Lha kennengelernt habe, weiß ich, was mir fehlt.
Eines Tages beauftrage ich ein Umzugsunternehmen, meine Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände aus der gemeinsamen Wohnung zu holen. Ich habe mir ein kleines Appartement gemietet und richte es nun ein. Ihm hinterlasse ich einen Abschiedsbrief.
Am Abend klingelt mein Handy:
"Hi Beven."
"Hi Colin, du hast meinen Brief gelesen?"
"Ja, Beven. Ist das endgültig?"
"Wir haben das Thema lang und breit diskutiert und von allen möglichen Seiten beleuchtet. Du sagst, du liebst mich, du willst dein Leben mit mir teilen - aber meine Sachen soll ich gefälligst selber regeln! Du willst nach außen hin mein Partner sein, dich in meinem Erfolg sonnen, aber du willst keine Verantwortung übernehmen. Du willst aus dem gleichen Grund kein Kind, lieber das Geld in Konsum stecken..."
"Aber..."
"Nichts - aber... Du kennst meine Ansichten. Sie sind unvereinbar mit deinen. Darauf lässt sich keine Partnerschaft bauen. Leb wohl!"
Ich habe auf keine weiteren Kontaktversuche von Colin mehr reagiert. Irgendwann hat er akzeptiert und sich sein eigenes Leben ohne mich aufgebaut. In den folgenden Jahren habe verschiedene andere Männer kennenlernen können, aber es sind alles nur kurze Bekanntschaften. Der Mister Right ist leider nicht darunter.
So sind fünf Jahre vergangen. Lea und Lobsang sind inzwischen glückliche Eltern einer süßen Tochter geworden. Sie haben ihrem Prinzeßchen den Namen Sangmo gegeben, was mit 'Freundlichkeit' übersetzt werden kann. Von den Bildern her, die Lea mir schickt, kann man auf ein fröhliches Kind schließen. Mir kommt der Gedanke, dass ich sie eigentlich mal wieder besuchen sollte.
*
Ich, Beven, stehe im kleinen Schlafzimmer meines Zweizimmer-Appartements vor der Spiegeltür des Kleiderschranks. Ich habe mir ein selbst entworfenes Negligé angelegt. Es ist aus Seide und hat dünne Schulter-Träger. Ich habe es in der letzten Woche hier zuhause genäht, aber bisher nicht gewagt, mich darin zu betrachten.
Ich schaue mich im Spiegel an. Groß bin ich nicht, aber ich finde mich hübsch. Es ist schwer, bei der Betrachtung objektiv zu bleiben. Für einen Mann ist die Vorstellung wichtiger, was er mit einer Frau anstellen könnte und wenn er sie sieht, was er mit ihr tun wird. Das Negligé kommt mir ziemlich unschuldig vor, lässt aber keinen Zweifel daran, dass die Frau darin eine Frau ist und vielleicht sogar eine attraktive Frau.
Mir gefällt das Negligé an mir. Pyjamas gefallen mir nicht. Vielleicht bin ich zu feminin für Frauen in der heutigen Zeit, aber auch solche Frauen muss es geben. Solch eine Frau passt nicht in die heutige Zeit - in diese Gesellschaft, in der Frauen, die etwas gelten wollen, Hosenanzüge tragen.
Lea hat nach ihrem Studium einen Auslandsstudenten aus Nepal geheiratet. Ich bin zu ihrer Hochzeit in der Grafschaft Kerry eingeladen gewesen. Der Iarla of Chiarraí hat die Zeremonie persönlich geleitet! Das hat mich fasziniert. Vor allem auch, weil die Location mich an Star Wars erinnert hat. Der Graf hat die Filmkulissen, die dem Kloster Skellig Michael nachgebildet wurden, zum Freilichtmuseum für mittelalterliches Brauchtum ausgebaut.
Später habe ich Lea im Himalaya besucht. Ich muss gestehen, dass mich die Lebensart der Leute dort irgendwie fasziniert. Anders als im Westen darf eine Frau dort immer noch eine Frau sein. Sie muss sich nicht in einer Männerwelt durchsetzen, wie hier im Westen.
Zurück in der Heimat versuche ich, mit meinem Freund darüber zu reden. Doch Colin reagiert unwirsch. Er bezeichnet die Menschen im Himalaya als 'Wilde' und die Gesellschaftsform, die wir in Lon-Wa-Lha kennengelernt haben, als 'tiefstes Mittelalter'.
Ich versuche also, das Drumherum auszublenden und nur das Verhältnis der Frauen zu den Männern zu beleuchten. Er erklärt mir aber, dass er kein Interesse hat, Verantwortung für uns Beide zu übernehmen. Seiner Meinung nach ist jeder für sich verantwortlich, jeder hat sein Leben, seinen Beruf, und so soll das seiner Meinung nach auch bleiben.
Ich fühle zunehmend, dass mir etwas fehlt. Gut, ich feiere inzwischen Erfolge mit meinen Kollektionen, seit ich als Modedesignerin arbeite. Mein Einkommen ist sogar höher als Colins. Wir können uns zwei Autos leisten und zwei Urlaube im Jahr. Aber geborgen fühle ich mich in seiner Nähe nicht. Seit ich die Menschen in Lon-Wa-Lha kennengelernt habe, weiß ich, was mir fehlt.
Eines Tages beauftrage ich ein Umzugsunternehmen, meine Einrichtungs- und Haushaltsgegenstände aus der gemeinsamen Wohnung zu holen. Ich habe mir ein kleines Appartement gemietet und richte es nun ein. Ihm hinterlasse ich einen Abschiedsbrief.
Am Abend klingelt mein Handy:
"Hi Beven."
"Hi Colin, du hast meinen Brief gelesen?"
"Ja, Beven. Ist das endgültig?"
"Wir haben das Thema lang und breit diskutiert und von allen möglichen Seiten beleuchtet. Du sagst, du liebst mich, du willst dein Leben mit mir teilen - aber meine Sachen soll ich gefälligst selber regeln! Du willst nach außen hin mein Partner sein, dich in meinem Erfolg sonnen, aber du willst keine Verantwortung übernehmen. Du willst aus dem gleichen Grund kein Kind, lieber das Geld in Konsum stecken..."
"Aber..."
"Nichts - aber... Du kennst meine Ansichten. Sie sind unvereinbar mit deinen. Darauf lässt sich keine Partnerschaft bauen. Leb wohl!"
Ich habe auf keine weiteren Kontaktversuche von Colin mehr reagiert. Irgendwann hat er akzeptiert und sich sein eigenes Leben ohne mich aufgebaut. In den folgenden Jahren habe verschiedene andere Männer kennenlernen können, aber es sind alles nur kurze Bekanntschaften. Der Mister Right ist leider nicht darunter.
So sind fünf Jahre vergangen. Lea und Lobsang sind inzwischen glückliche Eltern einer süßen Tochter geworden. Sie haben ihrem Prinzeßchen den Namen Sangmo gegeben, was mit 'Freundlichkeit' übersetzt werden kann. Von den Bildern her, die Lea mir schickt, kann man auf ein fröhliches Kind schließen. Mir kommt der Gedanke, dass ich sie eigentlich mal wieder besuchen sollte.
*
Ich, Beven, stehe im kleinen Schlafzimmer meines Zweizimmer-Appartements vor der Spiegeltür des Kleiderschranks. Ich habe mir ein selbst entworfenes Negligé angelegt. Es ist aus Seide und hat dünne Schulter-Träger. Ich habe es in der letzten Woche hier zuhause genäht, aber bisher nicht gewagt, mich darin zu betrachten.
Ich schaue mich im Spiegel an. Groß bin ich nicht, aber ich finde mich hübsch. Es ist schwer, bei der Betrachtung objektiv zu bleiben. Für einen Mann ist die Vorstellung wichtiger, was er mit einer Frau anstellen könnte und wenn er sie sieht, was er mit ihr tun wird. Das Negligé kommt mir ziemlich unschuldig vor, lässt aber keinen Zweifel daran, dass die Frau darin eine Frau ist und vielleicht sogar eine attraktive Frau.
Mir gefällt das Negligé an mir. Pyjamas gefallen mir nicht. Vielleicht bin ich zu feminin für Frauen in der heutigen Zeit, aber auch solche Frauen muss es geben. Solch eine Frau passt nicht in die heutige Zeit - in diese Gesellschaft, in der Frauen, die etwas gelten wollen, Hosenanzüge tragen.
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