Montag, 18. April 2022
Lon-Wa-Lha - 20
Wieder stehe ich auf dem Flughafen von Dublin. Der Flieger ist spät abends gelandet. Anschließend fahre ich mit dem Zug nach Cork und lasse mich von einem Taxi nachhause bringen. Dann ziehe ich meinen Rollenkoffer zur Haustüre meines Elternhauses, einer schnuckeligen schmalen Flat, wie in der Liguster Straße bei 'Harry Potter'. Drinnen schleiche ich die Treppe hinauf und lasse mich auf mein Bett fallen. Ich hole mein Handy hervor, rufe die Galerie auf und schaue mir die Fotos an, die ich in den vergangenen Wochen gemacht habe. Dabei träume ich von meinem Schatz...

Gegen Morgen werde ich von Kessies Scharren und Schnüffeln an meiner Zimmertür wach. Richtig geschlafen habe ich die restliche Nacht nicht. Ich bin sicher mehrfach kurz eingenickt. Papa öffnet unserem Hund die Zimmertür und schon springt Kessy jaulend auf mein Bett, um mich stürmisch zu begrüßen.

"Hallo, Lea, einen wunderschönen guten Morgen! Wann bist du denn gekommen?" fragt er von der Tür aus.

"Guten Morgen, Papa," gähne ich. "Das muss so gegen ein Uhr gewesen sein, denke ich."

"Du, ich muss mich für die Frühschicht fertig machen. Ruh dich noch etwas aus und leiste dann der Mama beim Frühstück Gesellschaft. Du hast bestimmt eine Menge zu erzählen."

"Hmm ? ach, Kessie, ab!" sage ich.

Ich bin schon ganz nass von Kessies Zunge. Papa schließt die Tür und geht ins Bad. Endlich hat Kessie sich auch beruhigt und liegt an meine Beine gekuschelt bei mir auf dem Bett.

Eine Stunde später steht Mama auf. Ich warte noch bis das Badezimmer wieder frei ist, dann mache ich mich ebenfalls frisch und gehe danach hinunter an den Frühstückstisch.

"Morgen, Mama."

"Morgen, Lea. Na, wie war?s bei Lobsang?"

"Einfach himmlisch," antworte ich ihr und erzähle ihr grob, was ich alles erlebt habe. Ob mein Brief sie erreicht hat, frage ich sie auch.

"Ja, über zwei Wochen nachdem du weg warst!"

"Mama, Lobis Heimat liegt nun mal nicht um die Ecke. Weißt du was? Wir werden bald heiraten!"

"Wirklich?" Mama lächelt mich an.

Dann will sie nähere Informationen:
"Aber sicher doch erst nach deinem Abschluss? Wie habt ihr euch das vorgestellt?"

"Ja, klar! Erst nach meinem Abschluss im Sommer. Ich habe Lobi für eine irische Hochzeit gewinnen können!"

"Ist er denn Christ?" fragt Mama mit erstauntem Gesicht.

"Nein, er ist Buddhist," antworte ich und schüttele den Kopf.

Mama nickt verstehend und fragt: "Wie habt ihr euch das denn gedacht?"

"Es dauert ja etwas, bis wir einen Termin haben. Ich werde also ein Anmeldeformular holen und nach Lon-Wa-Lha senden. Lobsang füllt seinen Part aus und ich meinen. Er kann darin lesen, welche Unterlagen er braucht und sie sich besorgen. Dann gebe ich das Formular im Standesamt ab und reiche seine Unterlagen nach, sobald sie hier ankommen. Danach erhalten wir einen Termin. Du weißt ja, der kann drei bis vier Monate in der Zukunft sein. Lobsang kommt mit seinen Eltern hierher. Ich suche ein Hotel für sie. Nach der Trauung machen wir dort eine Feier für die Hochzeitsgäste. Anschließend fliegen wir nach Nepal. Dort folgt noch eine nepalesische Hochzeit. Ich würde mich freuen, wenn ihr dabei sein könntet!"

"Ganz bestimmt, Lea. Bis dahin ist noch Zeit genug. Papa wird Urlaub nehmen und ich werde mir auch frei nehmen."

Am Vormittag räume ich den Inhalt meines Koffers in den Schrank zurück. Ich habe ja nur wenig von meiner Ausrüstung gebraucht. Dabei fällt mir der Hausanzug in die Hände, der mir Lobsang geschenkt hat. Ich habe ihn mitnehmen dürfen, um ihn meinen Eltern und den Mädels aus meiner Clique zu zeigen. Spontan ziehe ich ihn an und begutachtete mich vor dem Schrankspiegel. Dann gehe ich zu Mama und führe ihn schnell vor. Sie ist gerade im Begriff das Haus zu verlassen, um zu ihrer Halbtagsstelle im Supermarkt zu gehen. Mama macht große Augen und nickt anerkennend, als sie den Stoff befühlt.

"Den müssen wir aber separat waschen!" meint sie.
Ich lache zustimmend.

Nach einem schnellen Mittagsimbiss mache ich mir eine Liste von Büchern und Schreibmaterial, was ich alles im nächsten Semester brauche und fahre mit dem Bus ins Zentrum zum Einkaufsbummel.

*

Ein Monat darauf findet Mama wieder einen Brief von Iarla Eamon Chiaraí in der Post. Er beglückwünscht mich und Wangpoo Lobsang Tenzin Gonpo zur bevorstehenden Hochzeit und bietet als Location das 'Freilichtmuseum' Cuiraraill kostenlos zu nutzen an. Er würde sich freuen, als Lord höchstpersönlich die Trauung durchführen zu dürfen, wenn ich zustimme.

Papa ist dafür und Mama enthält sich. Also stimme ich mich mit Lobsang über Skype ab und erfahre dabei, dass der Herr der Nachbargrafschaft die Information von Wandii Tashi Gonpo hat. Ich brauche mich also nicht mehr um ein Hotel für meine Schwiegereltern kümmern, da sie in der Herberge 'Ardaigh Celtic' -'Keltische Rose'- übernachten werden.

Endlich habe ich meinen Studienabschluss in der Tasche und in wenigen Tagen werde ich Lobi in Cuiraraill heiraten. Natürlich fahre ich zum Flughafen nach Dublin, um ihn und seine Eltern dort zu begrüßen. Meine Eltern wollen mich begleiten. Sie sind sicher ebenso neugierig auf meine Schwiegereltern.

Es dauert eine Weile, bis ich die kleine Dreiergruppe im Ankunftsbereich entdecke. Sie haben ihre nepalesische Tracht angelegt. Ich zeige meinen Eltern die Drei und laufe auf Lobsang zu. Tut das gut, ihn nach so langer Zeit des virtuellen Kontaktes wieder umarmen zu können. Meine Eltern haben sich langsam genähert und begrüßen nun Lobis Eltern.

"Fáilte go hÉirinn -Willkommen in Irland-!" sagt mein Vater lächelnd. "Wir sind die Brauteltern."

"Día duit, mo dheara -Hallo, ihr Lieben!" grüßt Lobsang zurück und meint: "Wollen wir wegen meiner Eltern nicht lieber Englisch reden?"

Papa nickt lächelnd.
"But gladly -Aber gerne doch-."

In dem Moment tritt ein Mann im Kilt an uns heran. Er fragt, ob unser Ziel Cuiraraill sei, was ich bestätige. Danach bittet er uns höflich, ihm zu folgen. Draußen auf dem Parkplatz lässt er uns in ein Großraumtaxi einsteigen. Der Fahrer bringt uns vor die Stadt. Dort sollen wir das Taxi wieder verlassen.

Wenige Minuten später hören wir das Geräusch eines Hubschraubers näherkommen. Kurz darauf landet ein beinahe würfelförmiges Fluggerät wenige Meter von uns entfernt. Der Mann bittet uns einzusteigen.

"Ich möchte die hohen Herrschaften bitten, in das bescheidene Transportmittel seiner Lordschaft einzusteigen. Wir werden in zwei Stunden in Cuiraraill sein."

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