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Montag, 21. März 2022
Lon-Wa-Lha - 05
hermann-jpmt, 11:03h
"Das ist eine über Jahrhunderte gewachsene Rolle, die ein Ideal darstellt. Sicher gibt es da Abweichungen?"
"Ja, gerade heute in der modernen Zeit nehmen die jungen Japanerinnen gerne den westlichen Lebensstil an, wodurch es zu Reibungspunkten zwischen den Generationen kommt. Es kommt aber auch zur Entfremdung zwischen den Geschlechtern, weshalb der Anteil der Singles in der Bevölkerung immer mehr wächst..."
"Hm," macht meine Gesprächspartnerin. "Man hört von japanischen Männern immer wieder einmal im Zusammenhang mit dem Begriff 'Machos'. Da wundert es mich nicht, wenn die moderne Frau das nicht mehr mitmacht."
"Es gibt vor der Küste Japans eine künstliche Insel, deren Bewohner die Tradition leben. Sie unterhalten eine Schule, in der die traditionelle Lebensweise unterrichtet wird. Von dort haben wir einen Lehrer und eine Lehrerin in Cuiraraill, die unseren Männern und Frauen ihre Lebensweise beibringen - mit kleinen Anpassungen an das europäische Verständnis natürlich."
"Ah," macht Leonie Yiga nun. "Was wird denn dort den Männern gelehrt?"
"Der Mann ist ein Nachfahre der alten Samurai. Er unterrichtet die Tugenden dieser alten Ritterkaste, Respekt und Ehre zum Beispiel. Daneben unterrichtet er die waffenlose Selbstverteidigung, Meditation im Gebrauch mit einer alten Waffe und das Schmieden von Gedichten."
Beim letzten Punkt lächeln wir beide etwas. Schließlich sagt sie:
"Also passt zur Yamato Nadeshiko ein Samurai und das Ganze ist in Etwa euer Domestic Discipline. Wie soll ich aber deinen Einwand von den 'kleinen Anpassungen' verstehen?"
"Der sichtbarste Unterschied ist zum Beispiel der, dass wir uns als Frau nicht vor dem Mann verbeugen, sondern wir machen den jahrhundertealten Hofknicks."
"Ahso," macht sie und zwinkert mir zu.
Wir vertiefen das Thema beim Tee, den uns ihre Magd Nima serviert und auch sie berichtet von dem Verhältnis der Männer und Frauen zueinander in Lon-Wa-Lha. Ich finde während des Nachmittages eine Menge Parallelen im Umgang miteinander.
Darüber wird es Abend und mein Curadh kommt mit dem Wandii zurück. Nach einem reichhaltigen Abendessen mit exotischen Gewürzen verabschieden wir uns, um in unseren Zimmern in der Herberge schlafen zu gehen.
Am darauffolgenden Tag fliegen wir zurück. Mein Curadh hat auf der Messe eine Menge Notizen und Fotos gemacht und ich habe Notizen zur Lebensweise der Leute hier gemacht. Dutzende Fotos wollen gesichtet und ausgewertet werden. Dann will ich ein weiteres Kapitel zu Master Schmidts Buch schreiben. Curadh Eamon will sich dazu mit dem Ortsvorsteher von Hagenholt in Verbindung setzen.
*
"Lea? Lea, tar anois le ithe -nun komm doch zum Essen-!"
"Mam... Níl ocras orm -ich habe keinen Hunger-!"
"Ó, Lea, ní fiú grá a bheith aici. -Ach, Lea, Liebeskummer lohnt sich nicht.- Wer weiß, ob Lobsang überhaupt noch an dich denkt. Komm essen und dann geh dich amüsieren!"
"Mam..." -
"Was soll ich bloß machen, Brennan? Sag du doch auch mal was!"
"Sie wird schon zur Vernunft kommen, Ailis. Lass sie erstmal den Trennungsschmerz verarbeiten."
*
"Lobi, wo bist du? Lobi, mein Liebling, mein Herz, warum lässt du mich allein? Hätten wir uns doch wenigstens gestritten! Hätten wir uns doch wenigstens getrennt! Lobi..."
Ich kriege meinen tibetischen Freund und Mitstudenten nicht aus dem Kopf. Himmlische acht Wochen sind wir zusammen gewesen, nachdem wir ein Vierteljahr schüchterne Blicke in der Uni-Mensa gewechselt haben und ich endlich allen Mut zusammen gehabt habe, um ihn anzusprechen. Noch einmal vier Wochen hat es gedauert bis zu unserer ersten Nacht in seinem Studentenzimmer im Wohnheim.
Mit ihm ist es etwas ganz anderes gewesen als mit allen meinen Bekanntschaften vorher. Lobi ist trotz seines jungen Alters ein Mann, kein unreifer Bengel mehr. Er hat mich geführt und ist zugleich so zärtlich mit mir gewesen. Ich habe mich respektiert, ja, ernstgenommen gefühlt. Bald habe ich ihn Mamaí und Daidí vorgestellt, die ihn und seine asiatische Höflichkeit schnell gemocht haben. Und nun?
Wir hatten nach seinem Verschwinden noch zwei Tage Handykontakt. Dabei hat er mir gesagt, dass sein Vater ihn in die Heimat zurückgeholt hat. Sein Studium hat er abgeschlossen und in Zukunft soll er seinem Vater in der Verwaltung helfen, der Bürgermeister seiner Heimatstadt ist.
Zwar hat Lobi versprochen, mich in meinen Semesterferien zu sich zu holen und nach meinem Studium bei meinen Eltern ganz traditionell um meine Hand anzuhalten. Aber für mein Gefühl liegt das alles noch so weit entfernt!
*
Mittels Skype habe ich über Satellit Kontakt mit meinem Vater aufgenommen und ihn vom glücklichen Studienabschluss berichtet. Er hat mich informiert, dass in einer Woche ein Trikopter neben dem Studentenwohnheim landet, in dem ich ein möbliertes Zimmer bewohne. Dass die Wiese hinter dem Haus sich für eine Landung eignet, weiß er vom Herflug vor vier Jahren.
Als ich zum angegebenen Zeitpunkt Hubschraubergeräusche in aller Frühe vernehme, gehe ich mit meinem Koffer vor das Haus. Es ist tatsächlich der Trikopter aus der Heimat. Also werfe ich den Zimmerschlüssel mit einer Nachricht in den Briefkasten meines Zimmernachbarn. Er wird alles Weitere veranlassen.
"Ja, gerade heute in der modernen Zeit nehmen die jungen Japanerinnen gerne den westlichen Lebensstil an, wodurch es zu Reibungspunkten zwischen den Generationen kommt. Es kommt aber auch zur Entfremdung zwischen den Geschlechtern, weshalb der Anteil der Singles in der Bevölkerung immer mehr wächst..."
"Hm," macht meine Gesprächspartnerin. "Man hört von japanischen Männern immer wieder einmal im Zusammenhang mit dem Begriff 'Machos'. Da wundert es mich nicht, wenn die moderne Frau das nicht mehr mitmacht."
"Es gibt vor der Küste Japans eine künstliche Insel, deren Bewohner die Tradition leben. Sie unterhalten eine Schule, in der die traditionelle Lebensweise unterrichtet wird. Von dort haben wir einen Lehrer und eine Lehrerin in Cuiraraill, die unseren Männern und Frauen ihre Lebensweise beibringen - mit kleinen Anpassungen an das europäische Verständnis natürlich."
"Ah," macht Leonie Yiga nun. "Was wird denn dort den Männern gelehrt?"
"Der Mann ist ein Nachfahre der alten Samurai. Er unterrichtet die Tugenden dieser alten Ritterkaste, Respekt und Ehre zum Beispiel. Daneben unterrichtet er die waffenlose Selbstverteidigung, Meditation im Gebrauch mit einer alten Waffe und das Schmieden von Gedichten."
Beim letzten Punkt lächeln wir beide etwas. Schließlich sagt sie:
"Also passt zur Yamato Nadeshiko ein Samurai und das Ganze ist in Etwa euer Domestic Discipline. Wie soll ich aber deinen Einwand von den 'kleinen Anpassungen' verstehen?"
"Der sichtbarste Unterschied ist zum Beispiel der, dass wir uns als Frau nicht vor dem Mann verbeugen, sondern wir machen den jahrhundertealten Hofknicks."
"Ahso," macht sie und zwinkert mir zu.
Wir vertiefen das Thema beim Tee, den uns ihre Magd Nima serviert und auch sie berichtet von dem Verhältnis der Männer und Frauen zueinander in Lon-Wa-Lha. Ich finde während des Nachmittages eine Menge Parallelen im Umgang miteinander.
Darüber wird es Abend und mein Curadh kommt mit dem Wandii zurück. Nach einem reichhaltigen Abendessen mit exotischen Gewürzen verabschieden wir uns, um in unseren Zimmern in der Herberge schlafen zu gehen.
Am darauffolgenden Tag fliegen wir zurück. Mein Curadh hat auf der Messe eine Menge Notizen und Fotos gemacht und ich habe Notizen zur Lebensweise der Leute hier gemacht. Dutzende Fotos wollen gesichtet und ausgewertet werden. Dann will ich ein weiteres Kapitel zu Master Schmidts Buch schreiben. Curadh Eamon will sich dazu mit dem Ortsvorsteher von Hagenholt in Verbindung setzen.
*
"Lea? Lea, tar anois le ithe -nun komm doch zum Essen-!"
"Mam... Níl ocras orm -ich habe keinen Hunger-!"
"Ó, Lea, ní fiú grá a bheith aici. -Ach, Lea, Liebeskummer lohnt sich nicht.- Wer weiß, ob Lobsang überhaupt noch an dich denkt. Komm essen und dann geh dich amüsieren!"
"Mam..." -
"Was soll ich bloß machen, Brennan? Sag du doch auch mal was!"
"Sie wird schon zur Vernunft kommen, Ailis. Lass sie erstmal den Trennungsschmerz verarbeiten."
*
"Lobi, wo bist du? Lobi, mein Liebling, mein Herz, warum lässt du mich allein? Hätten wir uns doch wenigstens gestritten! Hätten wir uns doch wenigstens getrennt! Lobi..."
Ich kriege meinen tibetischen Freund und Mitstudenten nicht aus dem Kopf. Himmlische acht Wochen sind wir zusammen gewesen, nachdem wir ein Vierteljahr schüchterne Blicke in der Uni-Mensa gewechselt haben und ich endlich allen Mut zusammen gehabt habe, um ihn anzusprechen. Noch einmal vier Wochen hat es gedauert bis zu unserer ersten Nacht in seinem Studentenzimmer im Wohnheim.
Mit ihm ist es etwas ganz anderes gewesen als mit allen meinen Bekanntschaften vorher. Lobi ist trotz seines jungen Alters ein Mann, kein unreifer Bengel mehr. Er hat mich geführt und ist zugleich so zärtlich mit mir gewesen. Ich habe mich respektiert, ja, ernstgenommen gefühlt. Bald habe ich ihn Mamaí und Daidí vorgestellt, die ihn und seine asiatische Höflichkeit schnell gemocht haben. Und nun?
Wir hatten nach seinem Verschwinden noch zwei Tage Handykontakt. Dabei hat er mir gesagt, dass sein Vater ihn in die Heimat zurückgeholt hat. Sein Studium hat er abgeschlossen und in Zukunft soll er seinem Vater in der Verwaltung helfen, der Bürgermeister seiner Heimatstadt ist.
Zwar hat Lobi versprochen, mich in meinen Semesterferien zu sich zu holen und nach meinem Studium bei meinen Eltern ganz traditionell um meine Hand anzuhalten. Aber für mein Gefühl liegt das alles noch so weit entfernt!
*
Mittels Skype habe ich über Satellit Kontakt mit meinem Vater aufgenommen und ihn vom glücklichen Studienabschluss berichtet. Er hat mich informiert, dass in einer Woche ein Trikopter neben dem Studentenwohnheim landet, in dem ich ein möbliertes Zimmer bewohne. Dass die Wiese hinter dem Haus sich für eine Landung eignet, weiß er vom Herflug vor vier Jahren.
Als ich zum angegebenen Zeitpunkt Hubschraubergeräusche in aller Frühe vernehme, gehe ich mit meinem Koffer vor das Haus. Es ist tatsächlich der Trikopter aus der Heimat. Also werfe ich den Zimmerschlüssel mit einer Nachricht in den Briefkasten meines Zimmernachbarn. Er wird alles Weitere veranlassen.
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