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Samstag, 5. März 2022
Cuiraraill -59-
hermann-jpmt, 11:18h
Ich muss jetzt etwas 'dumm aus der Wäsche' geschaut haben. Alainn präzisiert:
"Auch bei den Männern gibt es devote Charaktere, die lieber die Verantwortung abgeben und sich führen lassen. So gibt es hier und da Häuser, deren Haushaltsvorstand eine Frau ist und der Mann arbeitet für sie. Dafür wird er entsprechend unserer Philosophie genauso geschützt. Er darf sich sicher und geborgen fühlen unter seiner Herrin."
"Ah," meine ich.
Es entsteht eine längere Gesprächspause, in der ich meinen Gedanken nachhänge. Alainn nutzt die Gesprächspause, um auf dem Herd ein Mittagessen zu bereiten, während ich mich an den Küchentisch setze und ihr etwas helfe, wenn sie eine Schüssel vor mich schiebt. Bald ist das Mittagessen fertig. Alainn schaut auf die Uhr und lächelt.
"Wieder einmal eine Punktlandung dank deiner Hilfe," sagt sie.
Alainn geht mit einem Tablett in die Halle, auf dem Geschirr und Besteck liegt, das sie aus einem Küchenschrank genommen hat. Sie legt es auf die Tafel über Eck. Dazu nimmt sie zwei niedrige Stühle von der Wand und ein Kissen und schiebt die Möbel vor die Teller.
"Zwei Stühle nur?" frage ich, obwohl ich mir ihre Antwort schon beinahe denken kann.
"Ja," bestätigt Alainn. "Einen für den Hausherrn, einen für den Gast und das Kissen für die Magd."
Ich nicke dazu und folge ihr in die Küche zurück, um ihr beim Auftragen der Speisen zu helfen. Alainn schüttelt aber den Kopf.
"Das schaffe ich schon," meint sie.
In diesem Moment tritt Eamon aus einer der gegenüberliegenden Türen. Er überblickt die Szene, lächelt und sagt:
"Guten Morgen, Ute. Eigentlich es ja schon Mittag ist. Bitte, setze an die Tafel dich."
Er weist auf den Stuhl an der Ecke der Tafel. Ich setze mich also. Eamon lässt sich auf den anderen Stuhl nieder. Dann ist Alainn schon mit einem Tablett voller Speisen aus der Küche zurück. Sie stellt es auf die Tafel und kniet sich auf das Kissen. Nun reicht sie Eamon Tee, den sie aus einer Kanne in Tassen schüttet. Eamon verteilt die Tassen.
Nun bläst er über den Tee und tunkt seine Finger hinein. Ich denke, er prüft die Trinktemperatur, aber er lässt einen Tropfen Tee auf einen Stein fallen, der in der Tischplatte eingelassen ist, eine Armlänge von Eamon entfernt.
"Tugann an saol uileghabhálach saol fada duit," sagt er dabei.
Alainn übersetzt: "Allumfassende Natur, schenke unsem Gast ein langes Leben."
Ich lächele dankbar, dennoch etwas verwirrt. Eamon sieht das und erklärt:
"Bevor ein Mann gründet seinen eigenen Haushalt, er macht eine meditative Wanderung in der Natur. Fällt auf ihm ein Stein, er nimmt ihn mit. Es ist sein Clocha bhaile -Heimstein- von nun an, seine Verbindung zu Mutter Natur."
Alainn ergänzt: "Laut unserer Philosophie finden nicht wir einen Stein, sondern der Stein findet uns. Der Spaziergänger fühlt sich aufgefordert, ihn aufzuheben und ihm einen Ehrenplatz in seinem neuen Haus zu geben."
Ich fühle, dass ich darüber mehr wissen will. Also frage ich weiter:
"Gibt es auch noch etwas Übergeordnetes? Da sind die Heimsteine in jedem Haushalt..."
"Aber ja," bestätigt Eamon. "Die Siedlungen mehr oder weniger autark leben. In der Festhalle sie haben einen Heimstein auch."
"Ihr habt noch mehr Siedlungen?" frage ich unsicher.
"Ja," nickt Eamon. "Da ist eine in Deutschland, eine in Nepal, eine in Bangladesh und eine in Japan zur Zeit."
"Halt, stopp!" unterbreche ich aufgeregt. "In Deutschland gibt es auch solch eine Siedlung?"
"Jaein," dehnt Alainn, breit grinsend. "Hagenholt sieht aus wie eine Ansammlung von Fachwerkbauten und wird als Freilichtmuseum bewirtschaftet. Auf dem Land meines Curadhs hatte das Filmteam von Star Wars damals das Kloster Skellig Michael nachgebaut, das auf einer Felseninsel liegt und nur an wenigen windstillen Tagen von Fischerbooten angelaufen werden kann. Das Filmteam erwarb die Rechte Skellig Michael auf der Landzunge Sybil Head als Kulisse nachzubauen. Als der Film im Kasten war, blieb die Kulisse zurück. Sie inspirierte meinen Curadh dazu, hier Cuiraraill zu erbauen."
"Ah, und in Hagenholt hast du Eamon getroffen und dich ihm unterworfen?"
Alainn schaut Eamon lächelnd an und schüttelt den Kopf.
"Ganz so einfach war es doch nicht," antwortet sie. "Wir trafen uns zuerst im Internet. Etwas später trafen wir uns dann in unserer Heimatstadt und lernten uns in einem Café näher kennen. Dann besuchte ich ihn auch einmal in Hagenholt. Ich war fasziniert von dem dortigen Lebensstil. Später dann bin ich bei Mary in die Lehre gegangen. Sie ist eine irischstämmige Kanadierin, die sich in einen der Herren dort verliebt hat. Davor hat sie eine Mägdeschule in Japan durchlaufen. In der Zwischenzeit wurden die Filmkulissen vermessen und abgetragen. Danach wurde Skellig Michael in Stein auf Sybil Head wieder aufgebaut. Auf einschlägigen Seiten im Internet wurde Werbung für Cuiraraill gemacht, was auf Deutsch 'Klippenort' heißt. So kamen immer mehr die zuhause DD praktizieren und ließen sich in und um Cuiraraill nieder. Bedingung war, dass sie Landwirt, Fischer oder Handwerker sind."
"Auch bei den Männern gibt es devote Charaktere, die lieber die Verantwortung abgeben und sich führen lassen. So gibt es hier und da Häuser, deren Haushaltsvorstand eine Frau ist und der Mann arbeitet für sie. Dafür wird er entsprechend unserer Philosophie genauso geschützt. Er darf sich sicher und geborgen fühlen unter seiner Herrin."
"Ah," meine ich.
Es entsteht eine längere Gesprächspause, in der ich meinen Gedanken nachhänge. Alainn nutzt die Gesprächspause, um auf dem Herd ein Mittagessen zu bereiten, während ich mich an den Küchentisch setze und ihr etwas helfe, wenn sie eine Schüssel vor mich schiebt. Bald ist das Mittagessen fertig. Alainn schaut auf die Uhr und lächelt.
"Wieder einmal eine Punktlandung dank deiner Hilfe," sagt sie.
Alainn geht mit einem Tablett in die Halle, auf dem Geschirr und Besteck liegt, das sie aus einem Küchenschrank genommen hat. Sie legt es auf die Tafel über Eck. Dazu nimmt sie zwei niedrige Stühle von der Wand und ein Kissen und schiebt die Möbel vor die Teller.
"Zwei Stühle nur?" frage ich, obwohl ich mir ihre Antwort schon beinahe denken kann.
"Ja," bestätigt Alainn. "Einen für den Hausherrn, einen für den Gast und das Kissen für die Magd."
Ich nicke dazu und folge ihr in die Küche zurück, um ihr beim Auftragen der Speisen zu helfen. Alainn schüttelt aber den Kopf.
"Das schaffe ich schon," meint sie.
In diesem Moment tritt Eamon aus einer der gegenüberliegenden Türen. Er überblickt die Szene, lächelt und sagt:
"Guten Morgen, Ute. Eigentlich es ja schon Mittag ist. Bitte, setze an die Tafel dich."
Er weist auf den Stuhl an der Ecke der Tafel. Ich setze mich also. Eamon lässt sich auf den anderen Stuhl nieder. Dann ist Alainn schon mit einem Tablett voller Speisen aus der Küche zurück. Sie stellt es auf die Tafel und kniet sich auf das Kissen. Nun reicht sie Eamon Tee, den sie aus einer Kanne in Tassen schüttet. Eamon verteilt die Tassen.
Nun bläst er über den Tee und tunkt seine Finger hinein. Ich denke, er prüft die Trinktemperatur, aber er lässt einen Tropfen Tee auf einen Stein fallen, der in der Tischplatte eingelassen ist, eine Armlänge von Eamon entfernt.
"Tugann an saol uileghabhálach saol fada duit," sagt er dabei.
Alainn übersetzt: "Allumfassende Natur, schenke unsem Gast ein langes Leben."
Ich lächele dankbar, dennoch etwas verwirrt. Eamon sieht das und erklärt:
"Bevor ein Mann gründet seinen eigenen Haushalt, er macht eine meditative Wanderung in der Natur. Fällt auf ihm ein Stein, er nimmt ihn mit. Es ist sein Clocha bhaile -Heimstein- von nun an, seine Verbindung zu Mutter Natur."
Alainn ergänzt: "Laut unserer Philosophie finden nicht wir einen Stein, sondern der Stein findet uns. Der Spaziergänger fühlt sich aufgefordert, ihn aufzuheben und ihm einen Ehrenplatz in seinem neuen Haus zu geben."
Ich fühle, dass ich darüber mehr wissen will. Also frage ich weiter:
"Gibt es auch noch etwas Übergeordnetes? Da sind die Heimsteine in jedem Haushalt..."
"Aber ja," bestätigt Eamon. "Die Siedlungen mehr oder weniger autark leben. In der Festhalle sie haben einen Heimstein auch."
"Ihr habt noch mehr Siedlungen?" frage ich unsicher.
"Ja," nickt Eamon. "Da ist eine in Deutschland, eine in Nepal, eine in Bangladesh und eine in Japan zur Zeit."
"Halt, stopp!" unterbreche ich aufgeregt. "In Deutschland gibt es auch solch eine Siedlung?"
"Jaein," dehnt Alainn, breit grinsend. "Hagenholt sieht aus wie eine Ansammlung von Fachwerkbauten und wird als Freilichtmuseum bewirtschaftet. Auf dem Land meines Curadhs hatte das Filmteam von Star Wars damals das Kloster Skellig Michael nachgebaut, das auf einer Felseninsel liegt und nur an wenigen windstillen Tagen von Fischerbooten angelaufen werden kann. Das Filmteam erwarb die Rechte Skellig Michael auf der Landzunge Sybil Head als Kulisse nachzubauen. Als der Film im Kasten war, blieb die Kulisse zurück. Sie inspirierte meinen Curadh dazu, hier Cuiraraill zu erbauen."
"Ah, und in Hagenholt hast du Eamon getroffen und dich ihm unterworfen?"
Alainn schaut Eamon lächelnd an und schüttelt den Kopf.
"Ganz so einfach war es doch nicht," antwortet sie. "Wir trafen uns zuerst im Internet. Etwas später trafen wir uns dann in unserer Heimatstadt und lernten uns in einem Café näher kennen. Dann besuchte ich ihn auch einmal in Hagenholt. Ich war fasziniert von dem dortigen Lebensstil. Später dann bin ich bei Mary in die Lehre gegangen. Sie ist eine irischstämmige Kanadierin, die sich in einen der Herren dort verliebt hat. Davor hat sie eine Mägdeschule in Japan durchlaufen. In der Zwischenzeit wurden die Filmkulissen vermessen und abgetragen. Danach wurde Skellig Michael in Stein auf Sybil Head wieder aufgebaut. Auf einschlägigen Seiten im Internet wurde Werbung für Cuiraraill gemacht, was auf Deutsch 'Klippenort' heißt. So kamen immer mehr die zuhause DD praktizieren und ließen sich in und um Cuiraraill nieder. Bedingung war, dass sie Landwirt, Fischer oder Handwerker sind."
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